Brühl. Turbulent ging es zu Beginn der jüngsten Brühler Gemeinderatssitzung zu. Das ließ sich bereits erwarten, als rund 60 Zuschauer in den Sitzungssaal des Rathauses drängten und ihn fast zum Platzen brachten. Der Grund für dieses Interesse war vorrangig der ursprünglich anberaumte Tagesordnungspunkt „Antrag auf Baugenehmigung: Errichtung eines Betonmastes mit einer Höhe von 41 Metern zur Nutzung als Funksende- und Empfangsanlage für das Vodafone Mobilfunknetz und Mobilfunkdienste privater Netzbetreiber.“ Der Gemeinderat sollte ursprünglich über das gemeindliche Einvernehmen zu diesem Bauthema entscheiden.
Kurz zum Hintergrund: Der Bauherr – die Firma Vantage Towers – hatte im September 2022 als Standort zum Bau des Betonmasts einer Sende- und Empfangsanlage für mobiles Breitband den Rohrhofer Festplatz ausgemacht. Er habe bei der Planung Computermodelle unter Berücksichtigung von Anforderungen des Mobilfunkfeldes, der Topographie und der Kunden genutzt, hieß es damals. Der Mast sollte zunächst an der Straßenseite des Platzes errichtet werden, doch nach massiven Einwendungen im Herbst vergangenen Jahres, wurde der Standort an die Nordwestecke verlegt, an der Sportareal, Naturschutzgebiet und Platz zusammentreffen. Diese Planung war dem Rat in seiner jüngsten Sitzung eigentlich zur Entscheidung vorgelegt worden.
Punkt wird von Brühler Tagesordnung abgesetzt
Doch Bürgermeister Dr. Ralf Göck verkündete, nachdem alle Besucher ihre Sitz- und Stehplätze eingenommen hatten, dass er dieses Thema kurzfristig von der Tagesordnung genommen habe, um noch verschiedene Punkte durch die Baurechtsbehörde des Kreises genauer prüfen zu lassen. So sei noch – wie es übrigens auch in der Sitzungsvorlage vermerkt ist – vom Bauherrn zu prüfen, inwieweit eine Mitnutzung anderer bereits in der Umgebung bestehender Masten möglich wäre.
Wenn eine Mitnutzung nicht möglich sein sollte, sei dies hinreichend und anschaulich zu begründen. Auch gebe es noch ausstehende Abwägungsentscheidungen zu Naturschutzbelangen. Das Thema solle dann, so Göck, am Montag, 18. März, in der nächsten Ratssitzung wieder aufgenommen werden – dann allerdings in der Festhalle, wie der Bürgermeister angesichts der dicht gedrängt im dafür viel zu kleinen Ratssaal sitzenden und stehenden Besucher verkündete.
Heftige Kritik am Brühler Bürgermeister
Doch anders als der Rathauschef offensichtlich dachte, war das Thema damit noch nicht vom Tisch. Frank Winkler, den die Anwohner rund um den Rohrhofer Festplatz als Sprecher auserkoren haben, pochte auf sein Recht, vor Eintritt in die Sitzung als Bürger das Wort ergreifen zu dürfen. Er berief sich dabei auf den Paragrafen 28 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat. Zwar verwies Göck zunächst darauf, dass das nur im Anfrageteil am Ende der Sitzung möglich wäre, schränkte dann aber nach kurzer Recherche durch Amtsleiter Jochen Ungerer ein, Winkler könne auf Antrag in der nächsten Sitzung sprechen und räumte dann allerdings ein, dass der Bürger auch vor oder während der Sitzung ein Rederecht habe, wenn der Rat dies mehrheitlich beschließe – das tat er letztlich, ohne Gegenstimme.
So konnte Winkler auf die Unterschriftensammlung hinweisen, die in Rohrhof durchgeführt worden sei. „Bereits nach wenigen Tagen haben über 130 Bewohner ihre Ablehnung gegen den geplanten Standort dokumentiert“, erklärte Winkler, „diese Listen wurden am 7. Februar – als Bestandteil des schriftlichen Widerspruchs gegen Empfangsbestätigung – im Rathaus Brühl abgegeben“. Dennoch sei diese Unterschriftenliste eine Woche später in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat nirgends aufgetaucht, kritisierte Winkler. Er warf Bürgermeister Göck vor, auf Nachfrage erklärt zu haben, die Listen seien erst am 14. Februar eingegangen und hätten deshalb nicht mehr in die Vorlage aufgenommen werden können.
Anwohner: Nicht einzige Falschbehauptung des Bürgermeisters
Das ist aus Sicht der Anwohnergruppe nicht die einzige Falschbehauptung, die der Bürgermeister öffentlich verbreitet hätte. „Er hat behauptet, in Ketsch würde der gleiche Funkmast – sogar noch höher, hätte man ihm gesagt – in der Nähe von Wohnhäusern stehen“, stellte Winkler dar, „er hat dadurch den Eindruck erweckt, ein solches Vorhaben für einen 41-Meter-Betonmast sei normal und nicht zu beanstanden“. Doch laut Winkler handele es sich in Ketsch um einen 29-Meter-Stahlmast, der 104 Meter von der nächsten Wohnbebauung, einer Containerunterkunft, entfernt aufgebaut sei.
„Das sind nur die letzten Beispiele für eine schier endlose Folge bewusst selektiver Informationsweitergaben. Seit Monaten weisen wir beispielsweise darauf hin, wie Funkprobleme in Brühl und Rohrhof kurzfristig behoben werden könnten“, unterstrich der Redner und verwies erneut auf den temporären Funkmast in Oftersheim, der Zeit schaffe für eine gründliche Suche nach einem endgültigen Standort – „und zwar mit und nicht gegen die Bürger“. Nichts von dieser Information sei in Brühl publiziert oder aufgegriffen worden, echauffierte sich Winkler.
Vorwurf der Manipulation an Dr. Ralf Göck
Angesichts der nun vorgelegten Pläne forderte er: „Eine solch riesige Betonanlage darf niemals genau gegenüber von Wohnhäusern errichtet werden und bedarf einer besonders abgewogenen Standortsuche.“ Er kritisierte auch den Verweis auf ein Gutachten, das die Anwohner noch nie zu sehen bekommen hätten. So versuche der Bürgermeister, durch „eine manipulative Informationsweitergabe und sogar mit direkten Falschaussagen einen Standort durchzuboxen, der für die Firma Vantage Towers ohne erhöhte Kosten beim Bau verbunden sein soll“.
Eine weitere Anwohnerin verwies auf einen bereits bestehenden Sendemast bei Siegelhain in Richtung Altlußheim. Er sei vergleichbar mit dem in Rohrhof geplanten, „da kann man einen Eindruck gewinnen, wie erdrückend und erschlagend er ist“.
Nach der Sitzung unterstrich Winkler: „Es bereitet uns Bürgern keine Freude, in dieser Art und Weise für Gerechtigkeit und Wahrheit kämpfen zu müssen. In anderen Gemeinden mit vergleichbaren Problemen läuft die Zusammenarbeit zwischen der Gemeindeleitung und den Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe. Ganz anders leider in Brühl.“
Info: Weitere Informationen geben die Beschwerdeführer per E-Mail an funkmast-rohrhof@gmx.de.
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