Nach dem Ausscheiden von Thomas Reister aus der Emodrom-Group ist Tim Brauer das Gesicht der Gruppe. Bei der Bürgerinformationsveranstaltung zu den angestrebten Veränderungen am Hockenheimring hat er die Pläne der Investoren vorgestellt und Fragen der Bürger beantwortet. Im Gespräch mit unserer Zeitung nach dem einstimmigen Ratsbeschluss zum Verkauf von 74,99 Prozent der Anteile der Ring GmbH an die Emodrom Group Holding erläutert Brauer die nächsten Schritte bei der Umsetzung der Pläne, die Gesamtinvestitionen von bis zu 250 Millionen Euro bringen sollen.
Nach dem Gemeinderatsbeschluss geht der Vertrag zum Verkauf der Geschäftsanteile der Hockenheim-Ring GmbH an die neuen Gesellschafter zur Prüfung an das Regierungspräsidium Karlsruhe. Ist das ein außergewöhnlicher Vorgang?
Brauer: Das ist eine Vorschrift der Gemeindeordnung. Wenn eine Kommune eine Beteiligung verkauft, ist das ein wesentlicher Prozess, der durch eine höhere Behörde geprüft werden muss.
Wie lange wird das Regierungspräsidium für die Prüfung der Vertragsunterlagen Ihrer Schätzung nach brauchen?
Brauer: Wir rechnen mit einem Votum nach vier bis fünf Wochen. Da wir den jetzigen Prozess schon in den Jahren 2019 und 2020 durchlaufen haben, bis Corona dazwischenkam, ist das für keinen der Beteiligten etwas ganz Neues, wir hatten damals schon die grundsätzlichen Rahmenbedingungen mit dem Regierungspräsidium besprochen.
Erste Besprechungen zum Verkauf der Geschäftsanteile des Hockenheimrings abgeschlossen
Wie geht es weiter, wenn die Prüfung positiv abgeschlossen ist?
Brauer: Dann geht es in die Beurkundung. Wir haben die Unterlagen parallel zur Prüfung an einen Notar geschickt, der sich das anschaut und seine Anmerkungen macht, um keine Zeit zu verlieren. Wir hoffen, dass wir die Beurkundung bis zur Jahresmitte bekommen, damit Klarheit für alle besteht. Erst die Unterschrift beim Notar schafft die 100-prozentige Sicherheit, dass die Planung umgesetzt werden kann. Der Erbbaurechtsvertrag bedarf auch der notariellen Beurkundung und der Umsetzung im Grundbuch.
Was die Hockenheimer am stärksten interessieren dürfte: Womit beginnt die konkrete Umsetzung Ihrer Pläne und zu welchem Datum voraussichtlich?
Brauer: Unsere internen Experten zu verschiedenen Bereichen sind bereits zu ersten Treffen zusammengekommen, um die nächsten Schritte zu besprechen. Bei den Großprojekten Hotel, „Motorworld“ und Innovations- und Technikzentrum sind intern bereits die ersten Schritte erfolgt. Parallel ist die Baugenehmigung für die Erweiterung des Porsche Experience Centers schon beantragt, damit wir dort weiterarbeiten können. Wir machen uns aber auch schon Gedanken über kleinere Themen, die wir kurzfristig umsetzen möchten.
Haben Sie eine Prioritätenliste für die Großprojekte, die Sie nach der Erweiterung des Porsche Experience Centers als Nächstes angehen möchten?
Brauer: Die haben wir, auch wenn sie grundsätzlich noch fließend ist und Veränderungen erfahren kann. Ganz klar steht für uns das Thema Hotel im Vordergrund, das mit der „Motorworld“ sowohl inhaltlich als auch gebäudlich verknüpft ist. Genauso wichtig für uns sind aber auch den Themen Innovation, Technik, Schulung, Qualifizierung. Wie sich das untereinander verschiebt, müssen wir sehen.
Das heißt, die Besucher der bestehenden „Motorworlds“ nutzen an den anderen Standorten regelmäßig auch die benachbarten Hotels?
Brauer: Das ist ganz oft der Fall. An jeder „Motorworld“ steht ein Hotel, weil es dort ein Ganztagesangebot bis in den Abend hinein gibt und viele Menschen die Gelegenheit nutzen, vor Ort zu übernachten. Das sehen wir auch am Hockenheimring so. Unser großes Ziel ist es ja, die zwei „A“ zu verbessern: Aufenthaltsqualität und Aufenthaltsdauer. Das steigert die Wertschöpfung, ohne dass das zwangsläufig mit mehr Verkehr oder Nutzung der Strecke verbunden sein muss.
Wie stark wird das Porsche Experience Center wachsen, können Sie das in Prozent im Vergleich zum bestehenden Gebäude ausdrücken?
Brauer: Ich würde schätzen, der Neubau wird ungefähr 20 Prozent der Größe des PEC umfassen. Die Werkstatt wird aus dem Gebäude ausgegliedert, weil man den Platz für andere Aktivitäten braucht, dazu wird eine Fahrzeuganalyse-Station gebaut.
Tim Brauer ist zukünftig der Hauptansprechpartner für die Emodrom-Group
Die Emodrom GmbH ist nicht Ihre einzige Beschäftigung. Welchen Anteil nimmt sie aktuell in Ihrem Arbeitsalltag ein?
Brauer: Das ist schwer zu sagen, weil es sich natürlich stetig im Wandel befindet. Ich bin zwar Gesellschafter und auch Geschäftsführer der Holding. Aber wir haben bei unseren operativen Gesellschaften, die in Hockenheim schon aktiv sind, verschiedene Geschäftsführer, die das Tagesgeschäft und das operative Geschäft abwickeln. Ich bin im Wesentlichen für Strategie, Finanzierung, Steuer und und das Juristische in der Gesamtgruppe hauptverantwortlich, muss aber nicht jeden Tag da sein. Trotzdem nimmt die Emodrom zwischen 30 und 60 Prozent meiner Arbeitsbelastung ein – also einen wesentlichen Anteil.
Wie kamen Sie zur Emodrom? Im Rennsport sind Sie ja nicht verwurzelt wie die anderen Gesellschafter.
Brauer: Ich bin 2016 über den regionalen Energieversorger aus Rheinhessen an den Hockenheimring gekommen, der dort eine mobile E-Kartbahn fest installieren wollte. Bei der Gelegenheit habe ich den damaligen Ring-Geschäftsführer Georg Seiler und Thomas Reister von der Emodrom kennengelernt. Der hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, insbesondere am Projekt Porsche Experience Center mitzuarbeiten. Dass ich im Hintergrund agieren konnte, war mir ganz recht. So halten wir das mit der Timbra Group auch, die beispielsweise Baulandentwicklung für Kommunen in Rheinland-Pfalz übernimmt – so fühlen wir uns am wohlsten.
Aber für die Emodrom werden Sie in den kommenden Jahren schon der Hauptansprechpartner sein?
Brauer: Ja, das ist so abgesprochen. Das habe ich auch den anderen Gesellschaftern zugesagt, dass ich mich in den nächsten vier, fünf Jahren mindestens um die strategische Entwicklung kümmere, um die Zusammenführung aller Aktivitäten in den Ring-Gesellschaften. Das ist mein Thema in den nächsten Jahren. Die beiden operativen Geschäftsführer Kai Hennefarth und Patrick Assenheimer unterstützen mich dabei.
Wenn wir auf die Bürgerinfoveranstaltung eine Woche vorm Gemeinderatsbeschluss zurückblicken: Wie haben sich die Hockenheimer an Ihrer Themeninsel zum Verlauf des Abends und zu Ihren Plänen geäußert?
Brauer: Das Feedback der Besucher auf die Vorstellung war sehr gut. Es wurde gelobt, dass alles transparent dargestellt worden ist – wer die Gesellschafter und was ihre Grundziele sind. Es ist wohl sehr gut angekommen, dass es eben keine gesichtslosen Unternehmen oder Gesellschafter sind, sondern hinter jedem eine Geschichte steht, die vollkommen transparent nachvollziehbar ist, die vor allem auch eine gewisse Kontinuität, eine gewisse Stärke zeigt, aber trotzdem mittelständisch ist. Die Gespräche waren teilweise in den Details sehr interessiert, wenn es zum Beispiel um die Innovationsthemen von Paravan gegangen ist, aber auch die zur „Motorworld“. Bei mir gab es sehr viele Fragen zum operativen Geschäft, ob sich viel ändern wird, ob es mehr Lärm und mehr Verkehr gibt. Diese positiven Rückmeldungen haben den Stadträten wohl auch ein gutes Gefühl bei der Abstimmung gegeben, die wir als Vertrauensvorschuss werten.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Zukunftsfähigkeit des Hockenheimrings: Befreiung und Chance