Insekten

Wasser gegen Ameisen auf Ketscher Friedhof

Die Gemeinde Ketsch kann ihre eigene Maschine noch nicht systematisch einsetzen - doch ein Experte gibt den Anwohnern Tipps zur Selbsthilfe gegen Ameisen.

Von 
Benjamin Jungbluth
Lesedauer: 
Ketscher Invasoren: Die aus dem Mittelmeerraum eingeschleppte Ameisenart „Tapinoma magnum“, die auf dem Bild über die Friedhofsmauer an der Rosenstraße flitzt, bereitet der Gemeinde und den Anwohnern einige Probleme. © Brückl

Ketsch. Das große Krabbeln in Ketsch geht weiter: Mit den milderen Temperaturen sind seit einigen Wochen wieder unzählige Ameisen im Ort aktiv. Insbesondere der Friedhof und die umliegenden Straßenzüge sowie der Bereich Richtung Fünfvierteläcker sind - wie schon in den vergangenen Jahren - stark betroffen. Das beklagte auch eine Besucherin in der jüngsten Gemeinderatssitzung, die sich Abhilfe durch die Verwaltung erhoffte.

Bei den wieder sehr aktiven Tieren handelt es sich teilweise um die eingeschleppte Ameisenart „Tapinoma magnum“, deren massenweise Verbreitung im vergangenen Sommer für einige Schlagzeilen sorgte. Aber auch die einheimischen Arten, die deutlich kleiner und weniger aktiv sind, scheinen in diesem Jahr für die Friedhofsbesucher und Anwohner zur Belastung zu werden.

Aktives Vorgehen in Ketsch: Effektive Nestbekämpfung mit heißem Wasser

Doch die Gemeinde ist bereits aktiv geworden und hat nach den Versuchsreihen vom vergangenen Sommer inzwischen aufgerüstet. „Wir haben eine Maschine gekauft, mit der wir mobil kochendes Wasser erzeugen und damit die Nester bekämpfen können“, bestätigt Bürgermeister Timo Wangler. „Unser Bauhof hat auch schon damit begonnen, diese Methode einzusetzen, kann das aber derzeit noch nicht systematisch umsetzen. Wir sind aber an dem Thema dran“, versichert der Bürgermeister.

Ketsch

Ameisenplage auf dem Ketscher Friedhof nach Heißwasser-Bekämpfung zunächst eingedämmt

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
12
Mehr erfahren

Die Bekämpfungsmethode mit dem heißen Wasser hatte im vergangenen Jahr der Darmstädter Diplom-Biologe und Schädlingsbekämpfer Björn Kleinlogel in der Enderlegemeinde erprobt. Jeweils 600 Liter Wasser waren in dem Tank, den sein Team mitsamt weiteren notwendigen Gerätschaften auf einem Anhänger montiert hatte.

40 Tankfüllungen kamen auf dem Friedhof und in der Nachbarschaft zum Einsatz, also insgesamt 24 000 Liter Heißwasser, mit denen insbesondere die invasive Ameisenart „Tapinoma magnum“ reduziert werden sollte.

„Wir haben außerdem natürliche Tenside hinzugegeben, damit das heiße Wasser und der Schaum besonders gut in die Gänge fließen können. Dann haben wir die Nester gezielt und ohne hohen Druck begossen. Das Ergebnis war wirklich erstaunlich“, erklärt Björn Kleinlogel im Gespräch mit unserer Zeitung.

Mehr zum Thema

Friedhof (mit Fotostrecke)

Ketsch bekämpft Ameisen mit 24.000 Litern heißem Wasser

Veröffentlicht
Von
Benjamin Jungbluth
Mehr erfahren
Plage rund um den Friedhof

Heißwasser-Schaum soll Ameisen am Ketscher Friedhof vertreiben

Veröffentlicht
Von
Caroline Scholl
Mehr erfahren
Gemeinderat

Tigermücke wird in Ketsch bekämpft

Veröffentlicht
Von
Marco Brückl
Mehr erfahren

Die Populationen seien wirksam eingedämmt worden - und die Ergebnisse deutlich besser gewesen als bei den parallel betriebenen Versuchsfeldern auf dem Friedhof, wo der Experte handelsübliche Köderboxen und Streugifte verteilt hatte. „Das Heißwasser ist außerdem viel umweltschonender. Trotz unserer langjährigen Erfahrung waren wir vom Erfolg dieser neuartigen Methode sehr positiv überrascht“, sagt Kleinlogel.

Keine dauerhafte Vertreibung der Ameisen in Ketsch

Man dürfe allerdings nicht erwarten, dass die Ameisen damit dauerhaft vertrieben werden könnten. „Vor allem die aus dem Mittelmeerraum eingewanderte Art „Tapinoma magnum“ baut sogenannte Superkolonien, die unterirdisch gewaltige Ausmaße annehmen können. Außerdem verbreiten sich die Tiere von alleine und werden zusätzlich schnell mal in Wurzelballen von Pflanzen aus betroffenen Gebieten in ganz neue Regionen eingeschleppt - so sind die Riesenameisen wohl auch nach Ketsch gekommen“, erklärt der Biologe. „Durch eine regelmäßige Bekämpfung mit dem Heißwasser kann man die Tiere aber auf einem Niveau halten, dass für Anwohner und Friedhofsbesucher erträglich ist.“

Dafür ist nach Aussage des Experten allerdings in der warmen Jahreszeit durchaus ein wöchentlicher Einsatz notwendig. Und eben diese regelmäßige Bekämpfung kann die Gemeinde derzeit noch nicht leisten.

Mehr zum Thema

Gemeinderat

Für 38.000 Euro: Ketsch beauftragt Ameisenjäger gegen die Superkolonie

Veröffentlicht
Von
Marco Brückl
Mehr erfahren
Ameisenplage in Ketsch

Experte: Bisher ist kein Kraut gewachsen

Veröffentlicht
Von
Marco Brückl
Mehr erfahren
Umwelt

Ameisenplage greift auf dem Ketscher Friedhof um sich

Veröffentlicht
Von
sas
Mehr erfahren

Für geplagte Anwohner hat Björn Kleinlogel deshalb einen recht einfachen Tipp: Einfach zu Hause die Methode in kleinem Maßstab selbst anwenden.

„Ideal wäre es, mit zwei oder drei haushaltsüblichen Wasserkochern zu arbeiten, so dass man konstant kochendes Wasser erzeugen kann“, sagt der Experte. Das Heißwasser muss man dann vorsichtig direkt auf die sichtbaren Nester im Garten oder der Terrasse schütten, damit es tief in die Gänge sickern kann. Erste Erfolge würden sich nach wenigen Tagen zeigen.

Wichtig ist: Pflanzen und empfindliche Gegenstände werden beim Kontakt mit dem heißen Wasser beschädigt oder können eingehen, weshalb man entsprechend aufpassen muss.

Von Giftködern oder Streumitteln rät Björn Kleinlogel hingegen ab - außer bei einem Befall innerhalb des Hauses. „Dort kann man natürlich nicht mit kochendem Wasser arbeiten, weshalb Köderdosen eine gute Ergänzung sind, falls die Ameisen ihre berühmten Straßen durchs Haus ziehen“, so der Experte abschließend.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung