Neulußheim. Neuanfang und Abschied. Der Neujahrsempfang der Gemeinde am Sonntagmorgen in der Rolf-Heidemann-Halle ragt mit Sicherheit aus der seiner Vorgänger hervor, war etwas ganz Besonderes. Zum einen war es der erste Neujahrsempfang in der neuen Heidemann-Halle, zum anderen der letzte mit Bürgermeister Gunther Hoffmann am Redepult. Und als der Gemeindechef am Ende seiner Ansprache eine kurze Bilanz der vergangenen Jahre zog, sich bei den Bürgern im Saal dafür bedankte, ihr Bürgermeister habe sein zu dürfen, da brandete der Beifall auf und wurde es fast ein bisschen sentimental in der Halle.
Zu Beginn seiner Ansprache zeigte sich Bürgermeister Hoffmann sichtlich begeistert vom großen Zuspruch der Bürger am Neujahrsempfang – „wo hätten wir sie alle in der Schulaula unterbringen können“. Natürlich galt der erste Gruß des Bürgermeisters an diesem Morgen dem großen Gönner der Gemeinde, der mit seiner Spende den Bau der Halle erst ermöglicht hat – Rolf Heidemann.
Hoffmann hieß ferner die Landtagsabgeordneten, die Kreis- und Gemeinderäte willkommen, sowie die Bürgermeister aus der Horan-Region sowie Vertreter aus Wirtschaft und der Kirchen. Er freute sich, den zahlreichen Gästen einen Überblick über aktuelle Projekte in der Gemeinde und den einen oder anderen Hintergrund vermitteln zu dürfen – denn beim Neujahrsempfang blicke er aus seiner Sicht aufs kommunale Geschehen.
Spende für ein Klavier
Ganz oben auf der Liste des Bürgermeisters stand die Einweihung der Rolf-Heidemann-Halle, der Höhepunkt im vergangenen Jahr, so Hoffmann, „ja eigentlich der Höhepunkt meiner ganzen Amtszeit“. Womit er in erster Linie die Großzügigkeit des Spenders im Sinn hatte, aber auch die Verschwiegenheit des Gemeinderates, der über zweieinhalb Jahre das Geheimnis der gespendeten Million bewahrt. Nicht zuletzt sprach er die Einweihung selbst an – „ein Abend voller positiver Energie, voller Begeisterung, ohne Misstöne“.
Schon jetzt, so Hoffmann, sei das Wirken der neuen Halle zu spüren, neue Veranstaltungen würden angeboten, Konzerte, Theateraufführungen und vieles mehr stünden im Kalender und die Nachfrage von Agenturen nach Kleinkunstbühnen für namhafte Künstler hätte begonnen. „Wir haben eine tolle Infrastruktur geschaffen“, freute sich Hoffmann und räumte ein, das es noch Punkte zum Nachbessern gäbe. Beispielsweise bei der Mikroanlage oder am Umstand, dass zu einer Kulturhalle ein Klavier gehöre. Meinen jedenfalls die Chefs des Unternehmens Steber und Partner, in der Gemeinde keine Unbekannten, und sicherten dem Bürgermeister eine Spende von 10 000 Euro zur Anschaffung eines Instruments zu.
Womit Hoffmann an dem Punkt angelangt war, an dem er sich der aktuellen Kommunalpolitik widmete. Beispielsweise der Frage, warum es auf der neuen Halle noch keine Photovoltaikanlage gebe. Weil, so Hoffmann, Schule, Heidemann-Halle, Hardthalle und Haus der Feuerwehr ein Grundstück seien und die Gemeinde mit der Installation einer entsprechenden Photovoltaikanlage in eine Größenordnung komme, die sie in die Direktvermarktung des Stroms zwingen würde. Weshalb neue Regelungen abgewartet würden.
Stichwort Hallen: Hoffmann sieht als kommende Aufgabe die Sanierung der Hardthalle, vom Dach bis zur Fassade, die an die Heidemann-Halle angepasst werden soll. Anschließend soll zwischen allen Objekten auf dem Gelände der Außenbereich neu gestaltet werden, was ein „sehenswertes Gesamtareal“ ergebe.
Neulußheim ist eine Insel der Glückseligen bei der Kinderbetreuung
Beim Blick auf den Neu- und Umbau beim Haus der Feuerwehr dankte Hoffmann den Ehrenamtlichen für ihren Einsatz und mit Blick aufs benachbarte Sportgelände streifte er die Investition in den neuen Belag des Kleinspielfeldes und den nun anstehenden Bau eines Parkplatzes. Ein Kompromiss, der nicht jedem gefalle, aber dennoch vorzeigbar, urteilte Hoffmann.
Viel Geld sei in den Bereich der Kinderbetreuung investiert worden, bilanzierte Hoffmann, das Angebot wurde ausgebaut. In den Kindergärten wurde eine Stelle für eine Eingliederungshilfe geschaffen, in der Schule steht der Einstieg in die Schulsozialarbeit an. Eine Folge immer schwierigerer familiärer Situationen, bedauerte der Bürgermeister die allgemeine Entwicklung.
Dennoch, freute er sich, im Bereich der Kinderbetreuung sei Neulußheim noch immer „eine Insel der Glückseligen“, das Angebot sei allumfassend und die Gemeinde habe eine „Vorzeigeschule“, stelle das Schulamt fest.
Zum Thema Kinder gehören gleichermaßen die Markusschule und deren verwandter christlicher Kindergarten. Der geplante Neubau des Kindergartens in der Zeppelinstraße sei an der Finanzierbarkeit gescheitert, eröffnete Hoffmann. Zugleich sei der Plan zur Erweiterung der Markusschule in der Ortsmitte umstritten. Weshalb die Chance ergriffen worden sei, das Anwesen St. Leoner Straße 4 zu erwerben. Auf dem mittlerweile frei geräumten Grundstück hätten Markusschule und Kindergarten die Chance, gemeinsam eine Lösung zu finden, Vorstellungen dem Gemeinderat zu präsentieren.
Gunther Hoffmann spricht über Ölkrise am Blausee in Altlußheim
Womit Hoffmann einen Schwenk zum schönsten Teil von Altlußheim vollzog – dem Blausee und dessen Ölkrise im vergangenen Jahr. Ausdrücklich lobte er die „tolle Arbeit“ seines Kollegen Uwe Grempels – „jetzt werde ich schon freundlich zu Altlußheim“, sah Hoffmann scherzend die Zeit für seinen Abgang gekommen.
Auch die Arbeit am Hauptkanal Richtung Klärwerk Rheinhausen sei in Gange, der Bau eines Regenrückhaltebeckens werde folgen, so dass die Gemeinde und der Kraichbach gegen Jahrhunderthochwasser gewappnet seien. Ins Wasserwerk, „dem Glanzstück der interkommunalen Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft“ würden in den nächsten Jahren rund sieben Millionen Euro investiert, um weiterhin die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser zu einem unschlagbaren Preis sicherstellen zu können.
Ein trauriges Kapitel bleibt für Hoffmann das Thema Glasfaser, „hier haben wir keinen Einfluss“, und auch bei der Bahntrasse oder der neuen Stromtrasse sei keine Bewegung festzustellen. Große Schritte habe die Gemeinde im Bereich des Klimaschutzes getätigt, die gesteckten Ziele seien mehr als erreicht.
Was für das Thema Tempo-30 nicht gelte, hier sei die Waghäuseler Straße als einzig noch ohne entsprechendes Limit, doch sei ein Büro mit der Neubewertung beauftragt. Spannend sei die Frage, wie auf Dauer mit den Flüchtlingen umgegangen werde, merkte Hoffmann an und erläuterte die anstehende Aufstockung der Flüchtlingsunterkunft. Verbunden mit „allen Herausforderungen im sozialen, schulischen und verwaltungsmäßigen Bereich“, fügte er hinzu und sah die Zuständigkeit bei der Bundespolitik, die Kommunen am Ende der Kette.
Große Aufmerksamkeit widmete Hoffmann dem Themenkomplex Freiflächenphotovoltaikanlage. Ein für ihn persönlich enttäuschendes Thema. Nicht weil die Gemeinde damit nach seiner Meinung hätte gutes Geld verdienen können, eine Chance vertan worden sei, sondern weil nicht fair und redlich argumentiert worden sei. Hoffmann schilderte die Entwicklung des Gewerbegebiets seit den 1990er Jahren, die 2015 in eine Verdoppelung des Gebiets im Flächennutzungsplan gemündet sei. In all den Jahren sei die Ansiedlung von Gewerbe Ziel des Gemeinderates gewesen, die Verwaltung habe entsprechend gehandelt. Hoffmann zählte eine Reihe von Plänen auf, die letztlich gescheitert seien, jedoch das fortwährende Interesse des Rats an einer Besiedlung zeigten.
Große Enttäuschung in Neulußheim
Nun habe der Rat entschieden, zunächst nur ein kleines Gewerbegebiet in Angriff zu nehmen, bedauerte der Bürgermeister diese Entscheidung. Nicht wegen der Ablehnung, sondern wegen des Umgangs miteinander im Vorfeld, wegen der fehlenden Bereitschaft zur Diskussion sowie zur Akzeptanz anderer Meinungen.
Was, wir er hofft, bei den anstehenden Wahlen nicht der Fall sein wird. Womit er bei seinem letzten Thema des Vormittags angelangt war. Im Rathaus habe es einen Wechsel in seinem Vorzimmer gegeben, der Kämmerer sei neu – „ich bin der letzte Alte im Rathaus“, blickte er auf seinen bevorstehenden Abschied. „Alles hat eben seine Zeit.“
Hoffmann sieht die Gemeinde hervorragend aufgestellt, mit toller Infrastruktur, sanierten Kanälen und einer „außergewöhnlich umfangreichen Kinderbetreuung“. Und trotz aller Investitionen sei Neulußheim heute eine der wenigen Gemeinden mit einem positiven Haushalt und einer geringen Gesamtverschuldung.
„Nach 38 Jahren im Rathaus, 16 Jahre davon als Bürgermeister habe ich damit meine Aufgabe und meine Versprechen erfüllt“, stellte Hoffmann unter dem tosenden Beifall des Publikums fest und rief dazu auf, bei den kommenden Wahlkämpfen, sei es Bürgermeister oder Gemeinderat, fair im Umgang zu bleiben.
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