Kinderbetreuung

Herausforderungen und Lösungsansätze bei der Kinderbetreuung in Reilingen

In Reilingen stehen die Themen Kinderbetreuung und Kindergartenbeiträge im Fokus der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause. Mit steigenden Kinderzahlen sind neue Lösungen gefragt.

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Andreas Wühler
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Bürgermeister Stefan Weisbrod verabschiedet die werdende Mutter Lisa Dorn aus dem Gemeinderat, Blumen gibt es für ihren Mann Tobias Dorn. Die passende Überleitung zum Thema des Abends – die Kinderbetreuung. © Pelz

Reilingen. Noch bevor sich der Rat am Montag der Tagesordnung seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause widmete, wurde Lisa Dorn offiziell aus seinen Reihen verabschiedet. Die Gemeinderätin der Grünen, sie war 2019 in den Rat gewählt worden, geht, wie es Bürgermeister Stefan Weisbrod auf den Punkt brachte, „einem freudigen Ereignis“ entgegen, weshalb er ihr und ihrem Mann Tobias alles Gute für die Zukunft und ein „Wohlaufsein für Mutter und Kind“ wünschte.

Lisa Dorn war das jüngste Mitglied im Rat gewesen und ihre Stimme galt der Jugend und den Kindern, brachte es Weisbrod angesichts der Erziehungswissenschaftlerin auf den Punkt: „Sie war die Stimme für Bildung und Betreuung“. Die Anliegen und Bedürfnisse der sieben örtlichen Kindertagesstätten in denen rund 420 Kinder betreut werden, seien ihr neben „grünen Themen“ Umwelt- und Naturschutz stets eine Herzensangelegenheit gewesen.

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Mit der Verabschiedung der werdenden Mutter und Erzieherin sowie mit der Erwähnung der örtlichen Kindertagesstätten war Weisbrod eigentlich schon mitten in der Materie, denn an diesem Abend dominierte das Thema Betreuung die Tagesordnung, zog es sich wie ein roter Faden durch dieselbe.

Steigende Kosten für Kommune und Eltern in Reilingen

Ob es der Finanzzwischenbericht zum aktuellen Haushaltsjahr war, die Fortschreibung der kommunalen Bedarfsplanung oder die Anpassung der Kindergartenbeiträge – entweder stand das Thema Betreuung im Mittelpunkt oder klang zumindest an. Beispielsweise bei den Haushaltszahlen, in denen die Kinderbetreuung immer größere Lücken reißt. So steigt der Nettoressourcenbedarf – der ungedeckte Aufwand, den die Gemeinde zu tragen hat – seit Jahren kontinuierlich an. Lag er 2014 noch bei rund 890 000 Euro, so steigt er im kommenden Jahr auf rund 3,7 Millionen Euro – eine Vervierfachung in einem Jahrzehnt.

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Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Im Durchschnitt fallen pro Betreuungsplatz derzeit rund 12 400 Euro an – dem stehen Einnahmen von gut 2060 Euro gegenüber, was einem Kostendeckungsgrad von unter 17 Prozent entspricht. Wie im Verlauf des Abends öfters zu hören war, ein finanzieller Aufwand, der von der Gemeinde nicht mehr lange zu stemmen sein wird.

Zumal ein Ende des Anstiegs nicht in Sicht ist, wie dem im Rat vorgestellten Bericht zur kommunalen Bedarfsplanung 2023/24 zu entnehmen war. „Die steigenden Geburtenraten sowie die Nachfrage nach Krippenplätzen haben zur Folge, dass weitere Plätze geschaffen werden müssen“, stellt Jenny Forsch von der Verwaltung ihrem Bericht voran.

Lösungen und Appelle an das Land im Reilinger Gemeinderat

Doch es sind nicht nur die Geburtenzahlen, die sich im Bedarf niederschlagen, sondern auch das frühere Alter der Kinder, weiß Forsch. Waren diese in den vergangenen Jahren meist zwei Jahre alt, wenn sie in die Krippe kamen, gehe der Trend zur Aufnahme nach dem ersten Geburtstag. Was mit zur Folge hat, dass Kinder, die demnächst einen Anspruch auf einen Krippenplatz haben, noch gar nicht geboren sind.

Doch der Trend, dass beide Elternteile recht schnell nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten müssen, hält an. Wie auch der Zuzug ins Neubaugebiet. Aktuell kann der Bedarf an Krippenplätzen laut Forsch fast gedeckt werden, dennoch müsse mit einer weiter steigenden Nachfrage gerechnet werden. Etwas besser sieht für Forsch die Situation im Kindergartenbereich, bei den über Dreijährigen aus, wo derzeit allen Kindern Betreuungsplätze zur Verfügung stehen.

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Aktuell haben in der Gemeinde 337 Kinder einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz, 140 Kinder auf einen Krippenplatz. Durch das sinkende Eintrittsalter, die hohen Geburtenzahlen und die steigende Quote von Kindern pro Jahrgang, für die eine Betreuung nachgefragt wird, steht für Forsch fest, dass die geschaffenen Krippenplätze kurz- bis mittelfristig nicht ausreichen werden.

Im weiteren Verlauf der Jahre wird sich die hohe Nachfrage nach Krippenplätzen bei den Kindergartenplätzen auswirken, wenn die Jahrgänge älter werden. Hier seien Lösung wie beispielsweise altersgemischte Gruppen oder die Umwandlung von Krippen- in Kindergartenplätze notwendig, so Forsch abschließend.

Steigende Kinderzahlen, steigende Aufwendungen für die Betreuung – im folgenden Tagesordnungspunkt kam der Gemeinderat nicht um eine Erhöhung der Kindergartenbeiträge umhin. Im Schnitt, so schlug es die Verwaltung vor, sollen die Kindergartengebühren um 8,5 Prozent steigen, bei den Krippenplätzen um zehn Prozent.

Land ist in der Verantwortung

Die stärkere Erhöhung im Krippenbereich sei dem Reilinger Nachholbedarf geschuldet, so Weisbrod, der betonte, dass die Gemeinde dennoch innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft die niedrigsten Beiträge erhebe. Insgesamt, stellte Weisbrod fest, werde bei den Elternbeiträgen eine Kostendeckung von rund 16 Prozent erreicht – Zielvorgabe seien eigentlich 20 Prozent.

Seit Jahren hätten sich die Bedingungen für Eltern und Kinder verbessert, rechnete Simon Schell (Grüne) vor. Öffnungszeiten, Schließtage, Betreuungsschlüssel oder -angebot – alles sei besser geworden bei gleichzeitig steigendem Personal, das obendrein mehr Geld verdiene. „Frühkindliche Bildung kostet somit mehr und mehr“, stellte Schell fest und lenkte den Blick auf die Kehrseite der Medaille – den Preis.

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Schon seit Langem arbeite die Gemeinde kaum kostendeckend, weniger als 20 Prozent der Kosten seien durch Elternbeiträge gedeckt – den Rest trage die Allgemeinheit, der Reilinger Haushalt. Um die gute Arbeit der Kindergärten weiterhin zu ermöglichen, trügen die Grünen die Erhöhung mit, so Schell abschließend fest.

Dieter Rösch (SPD) sprach von explodierenden Kosten für den kommunalen Haushalt, es müsse gehandelt werden, da dieser über das Maß beansprucht werde. Aber, wiederholte er seine seit Jahren erhobene Forderung, das Land müsse endlich in die Verantwortung treten, die Kinderbetreuung beitragsfrei stellen. Es könne nicht sein, dass die Kosten der Betreuung einfach nach unten durchgereicht würden.

Rösch stimmte dennoch für die SPD zu und regte an, zu überprüfen, wie sich für die Zukunft Synergien schöpfen ließen, beispielsweise durch eine Übernahme aller Kindertagesstätten durch die Gemeinde – die Kosten trage sie ohnehin.

Patricia Faber (FW) musste angesichts der sich aus der Erhöhung ergebenden Elternbeiträge „schlucken – sie sind für viele Familien schwer zu stemmen“ – doch bleibe dem Rat angesichts der Haushaltslage keine andere Chance, wolle er nicht seinen finanziellen Spielraum verlieren.

Peter Kneis (CDU) blickt auf die Kostensteigerungen im vergangenen Jahrzehnt – „Geld, das uns fehlt“. Die Erhöhung sei alternativlos, zumal die Gemeinde im Vergleich noch billig sei. Letztlich, so sein Fazit angesichts steigender Kosten, habe eine qualitativ hochwertige Betreuung ihren Preis.

Dr. Stefan Reschke (FDP) stieß ins gleiche Horn, sah angesichts der aktuellen Situation – „der Haushalt lässt uns keine andere Chance“ – nur die Möglichkeit, der Erhöhung zuzustimmen, wobei die Lagen in der Gemeinde im Vergleich noch gut sei.

Peter Geng (FW) empörte sich, dass ausgerechnet bei der Kinderbetreuung der Spruch „wer bestellt, bezahlt“, nicht gelte. Die Kostensteigerungen bei der Betreuung seien von der Gemeinde nicht zu verantworten, hier sei das Land in der Pflicht. Er forderte die Parteien am Ratstisch auf, ihren Landtagsabgeordneten massiv Druck zu machen, damit das Land endlich handle.

Redaktion Zuständig für die Verwaltungsgemeinschaf

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