Geschäftsleben - Rudolf Müller wird als Vorstandsvorsitzender der VR Bank Kur- und Rheinpfalz verabschiedet. An seine Stelle rückt der bisherige Stellvertreter Till Meßmer. Wir haben mit ihm über Ziele, Ideen und Wurzeln gesprochen.

Ein Schwetzinger leitet die VR Bank Kur- und Rheinpfalz

Die Vereinigte VR Bank Kur- und Rheinpfalz liegt mit knapp sieben Milliarden Euro Bilanzsumme auf Platz 26 der größten Genossenschaftsbanken in Deutschland. Diese Woche wird Rudolf Müller als Vorstandsvorsitzender verabschiedet. An seine Stelle rückt der bisherige Stellvertreter Till Meßmer (53). Damit steht ein Schwetzinger, der in Oftersheim aufgewachsen ist, an der Spitze des rheinübergreifenden Instituts. Wir haben mit ihm über Ziele, große Fußstapfen, Ideen und seine Wurzeln gesprochen.

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Jürgen Gruler
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Chefredakteur Jürgen Gruler (v.l.) im Gespräch mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden Till Meßmer. © Daniel Stritzinger

Schwetzingen. Wie steht denn die VR Bank derzeit da. Gab’s letzte Woche Lob bei der Vertreterversammlung?

Till Meßmer: Die Vereinigte VR Bank Kur- und Rheinpfalz steht fest und solide da. Dies haben wir bei der Vertreterversammlung am letzten Montag detailliert dargelegt. In einem sehr anspruchsvollen Umfeld haben wir unsere Bank gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut vorangebracht. Dies bekamen wir auch so von unseren Anteilseignern gespiegelt.

Diese Woche wird Ihr langjähriger Chef Rudolf Müller verabschiedet. Dirk Borgartz war schon zum Jahreswechsel weg. Das sind jetzt schon große Fußstapfen, die Sie ausfüllen müssen, oder?

Meßmer: Durchaus, das ist ja jetzt fast ein richtiger Generationswechsel. Rudolf Müller und Dirk Borgartz haben die Bank seit 2009 als Vorstandssprecher und stellvertretender Vorstandssprecher geleitet und stehen für eine große Stabilität und dafür, dass auch immer der Zeitgeist im Haus gut umgesetzt wurde. Die VR Bank bleibt für alle Kunden auch künftig ein verlässlicher Partner und wir bleiben auf unserem Kurs als ertragsstarke Genossenschaftsbank. Andererseits merken wir, dass die Zeitenwende voll im Gange ist. Die Gesellschaft befindet sich mitten im Wandel. Das Kundenverhalten ändert sich stark, dem müssen wir uns stellen. Mehr und mehr Kunden halten ihren Kontakt komplett technisch mit uns, andere suchen weiterhin den persönlichen Kontakt. Wir haben es am Markt nicht nur mit Regional-, Groß- und Direktbanken zu tun, sondern auch mit Global Playern wie Google oder Apple, die in die Finanzwelt drängen.

Sprechen Sie gerade vom Ende der persönlichen Beratung?

Meßmer: Auf gar keinen Fall. Wir müssen unsere Lösungen offen gestalten. Es muss unseren Kunden Spaß machen, unsere Technik zu nutzen. Unsere neuen Apps können das auch sehr gut leisten. Wir sind froh, dass der genossenschaftliche Finanzverbund da nachgerüstet hat. Das versetzt unsere Kunden in die Lage, von überall aus ihre Geschäfte erledigen zu können – oft viel einfacher und schneller als bisher. Es bleibt aber weiterhin auch die Möglichkeit, einen Überweisungsträger auszufüllen und zu uns zu kommen. Ganz wichtig sind mir aber zwei Unterschiede zu Direktbanken und anderen Anbietern von Finanzdienstleistungen: Wir suchen das Kundengespräch und den direkten Kontakt. Wir wollen wissen, wer uns gegenübersitzt, wollen den persönlichen Eindruck gewinnen und ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Das geht per E-Mail oder per Bildschirmkonferenz nur bedingt.

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Die Digitalisierung schreitet voran. Haben Sie da nicht Angst um die Cyber-Sicherheit?

Meßmer: Wir haben uns maximal gut geschützt. Aber wir müssen davon ausgehen, dass unsere Firmenkunden immer öfter Cyber-Attacken ausgesetzt sind und so in Schwierigkeiten geraten können. Deshalb gilt bei allen technischen Lösungen für die Erledigung der Bankgeschäfte die Sicherheit als oberste Maxime.

Wie stellen Sie sich das künftig vor?

Meßmer: Die VR Bank soll noch mehr zu einer Art Plattform für die hiesige Wirtschaft und für Privatkunden werden. Mit Veranstaltungen, Tipps, speziellen Angeboten von und für Kunden in Zusammenarbeit mit der Bank – von der Wärmepumpe bis zur Photovoltaik, vom Konzert bis zum Familienfest. Da ist vieles denkbar. Es gilt auch, unsere Kommunikation nach innen und außen nochmals zu verbessern. Wir wollen auf allen Ebenen wahrgenommen werden. Dazu gehören die Bestandskunden und neue Kunden am Markt. Vor allem solche, die darauf bauen, ihre Daten nicht in den USA wiederzufinden, sondern hier vor Ort mit uns und unserem Umfeld ein gutes Netzwerk zusammenknüpfen zu wollen.

Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, Banker zu werden?

Meßmer: Daran ist meine Mutter nicht ganz unschuldig, die ursprünglich bei der Volksbank in Schwetzingen arbeitete. Meine Eltern waren zudem befreundet mit dem damaligen Vorstand Günther Jockers, der leider viel zu früh verstorben ist. Entscheidend war für mich in dieser Phase aber ein Ausflug mit einem Schulfreund nach Mannheim. Da haben wir seinem Vater einen kleinen Besuch am Arbeitsplatz abgestattet. Er war Vorstand einer Privatbank. Das hat mich total beeindruckt, dieser feine Umgang mit den Menschen dort und das Ambiente. Da habe ich mich dann für ein Duales Studium bei der Volksbank beworben.

Das war ja dann anfangs der 1990er Jahre. So toll war es damals ja nicht, mit dem Anzug zur Arbeit gehen zu müssen, oder?

Meßmer: Ich hatte mein Abitur auf dem Hebel-Gymnasium gemacht. So richtig überlegt habe ich mir erst nach dem Abi, was ich wirklich machen soll. Es kam auch IT infrage. Ich habe damals in meiner Freizeit gerne selbst programmiert, da wäre die SAP auch eine gute Möglichkeit gewesen. Aber vielleicht war ich damals auch nicht die absolut coolste Socke. Ich fand jedenfalls gar nichts dabei, mit dem Anzug zur Arbeit zu gehen, ich habe mich darin sehr wohlgefühlt. Und ich hatte gleich einen sehr guten Lehrherrn. Rudolf Eulner hatte mich unter seine Fittiche genommen und ich habe viel bei ihm gelernt.

In der Volksbank Bezirk Schwetzingen ging es dann nach dem Studium flott voran mit dem jungen Till Meßmer?

Meßmer: Das Studium an der Berufsakademie mit den Praxiselementen in der Bank kam mir sehr entgegen. Ich mochte die eher schulischen Strukturen sehr. 1992 habe ich dann mit dem Diplom-Betriebswirt abgeschlossen, schon 1995 habe ich eine kleine Abteilung geleitet, in der es um Grundsatzfragen bei Krediten ging, ich habe dann ein IT-Programm entworfen, um die Bilanzanalyse für Kunden professioneller machen zu können. Ich habe immer drauf geachtet, dass ich nie zu sehr auf ein Feld festgelegt werde, leitete auch mal kurz die Filiale im Hirschacker, war dann erstmals im Firmenkundengeschäft tätig. 1997 – nach der Fusion mit Ketsch – wurde ich Stellvertreter von Matthias Steck in der Marktfolge Kredit. In dieser Zeit traf ich auf Rolf Uhrig – späterer Vorstand unseres Hauses. Ein Mensch und beruflicher Mentor, dem ich viel zu verdanken habe. 2001/02 habe ich berufsbegleitend an der Akademie der Genossenschaftsbanken ein Zusatzstudium absolviert. 2003 kam dann Dirk Borgartz nach Schwetzingen, der mich zum Leiter Gesamtbanksteuerung und Controlling machte.

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Danach kam die Fusion übern Rhein. Hätten Sie nicht auch Lust gehabt, mal woanders hinzugehen?

Meßmer: Die Fusion 2007 war ja quasi so etwas ähnliches wie ein Arbeitgeberwechsel. Ich bin in ein ganz anderes und viel größeres Haus gekommen und habe eine tolle Chance bekommen. Da bin ich Rudolf Müller und Dirk Borgartz auch sehr dankbar. Nach einem längeren Gespräch mit Rudolf Müller war klar, dass er mir zutraut, das Firmenkundensegment zu leiten. Als Alternative stand die Innenrevision im Raum. Aber mir war es wichtig, wieder stärker in Richtung Kundenkontakt zu kommen.

Hätten Sie als BA-Student erwartet, jemals im Vorstandsbüro zu sitzen?

Meßmer: Bei meinem Besuch beim Vater meines Freundes in Mannheim fand ich das schon beeindruckend und erstrebenswert. Dass es wirklich klappen könnte, habe ich damals natürlich nicht erwartet. Aber ich habe mir schon immer Ziele gesetzt, um eine neue Etappe zu schaffen. Und das hat ganz gut funktioniert. 2008 bekam ich dann Prokura, wurde 2013 Generalbevollmächtigter und bin 2015 in den Vorstand berufen worden. Ich wollte immer die jeweilige Aufgabe möglichst gut machen. Das hat scheinbar gar nicht so schlecht geklappt, so öffneten sich immer neue Türen in unserer mehrfach fusionierten Bank – bis heute zum Vorstandssprecher.

Apropos Fusionen – steht da bald mal wieder was an?

Meßmer: Aktuell steht keine Fusion vor der Tür. Wir pflegen ein sehr gutes Verhältnis zu allen Genossenschaftsbanken ringsum und wickeln auch gemeinsam Geschäfte ab. Unser Geschäftsgebiet ist groß und gesund genug, um in der jetzigen Situation stabil bleiben zu können. Wir sind aber natürlich offen.

Bleibt es dann bei einem dreiköpfigen Vorstand und wie stehen Sie zu dem doch etwas komplizierten Namen Vereinigte VR Bank Kur- und Rheinpfalz?

Meßmer: Es ist sicherlich nicht so, dass wir bisher mit vier Vorständen einen Vorstand zu viel hatten. Arbeit gibt es wahrlich genug. Aber wir wollen jetzt neben Thomas Sold, Achim Seiler und mir die zweite Führungsebene noch stärker einbinden, sodass wir hierüber – trotz unserer Unternehmensgröße – schnelle und direkte Entscheidungswege im Sinne unserer Kunden haben. Das mit dem Namen ist eine gemeine Frage. Aber es stimmt schon, der Name ist sehr lang und ein wahrer Zungenbrecher. Das merken wir, wenn wir bei Veranstaltungen unterwegs sind und dort begrüßt werden. Vielleicht ändern wir das nochmals, spätestens auch in einer Fusion. Aber das VR Bank soll bleiben, weil wir auf beide Sparten – Volksbank und Raiffeisenbank – sehr viel Wert legen.

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Wie ist denn eigentlich Ihr Führungsstil. Sind Sie eher Teamplayer oder Entscheider?

Meßmer: Ich glaube, dass man heutzutage nicht mehr weiterkommt, wenn von oben herab entschieden wird. Ich will unsere Angestellten hören und mit ihnen zusammen Themen entwickeln und entscheiden. Wertschätzung gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist mir sehr wichtig. Auch wir suchen nach guten Leuten an einem Arbeitnehmermarkt. Da brauchen wir ein ganzes Köcher voller Pfeile – von guten Sozialleistungen, über mobiles Arbeiten bis zu einem Wir-Gefühl in der Bankfamilie. Da muss auch die Kommunikation nach innen verbessert werden, selbst wenn man dafür Geld in die Hand nehmen muss. Wir haben uns im neuen Vorstand auf fünf wesentliche Stoßrichtungen geeinigt, die wir in den nächsten Monaten und Jahren kontinuierlich vorantreiben wollen, um so unsere Marktstellung bei unseren Mitgliedern und Kunden, aber auch die Attraktivität als Arbeitgeber weiter auszubauen. Unser Blick geht hier also klar in Richtung Kunden, Mitarbeiter, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Kommunikation.

Auch das Thema Genossenschaft war ja viele Jahre ziemlich verstaubt und nimmt jetzt überall in der Gesellschaft neue Fahrt auf?

Meßmer: Der „Geno-Gedanke“, wie wir ihn nennen, passt gut in die Zeit. Ob in Sachen Energieversorgung oder in der Landwirtschaft, beim Bauen und Beteiligungsgeschäften achten die Menschen stärker darauf, dass Nachhaltigkeit und Gemeinsinn stimmen. Das wollen wir befördern. Zusammen mit den anderen Genossenschaftsbanken wollen wir eine Art genossenschaftliches Ökosystem schaffen, um unsere Kunden mitzunehmen und sie einzubeziehen. Da sind wir dann wieder bei unserer Plattform oder unserem Netzwerk, das wir schaffen wollen.

Und bei der Nachhaltigkeit – würde die VR Bank so weit gehen, dass sie künftig nicht oder wenig nachhaltige Projekte gar nicht mehr mit Krediten ausstattet?

Meßmer: Im Anlagebereich haben wir uns ja bereits klar positioniert. Unsere eigenen Premium-Fonds investieren beispielsweise nicht in Branchen, die der Nachhaltigkeit widersprechen und nicht in Ländern, die Kinderarbeit fördern und Menschenrechte missachten. Das findet bei unseren Kunden, die Geld darin anlegen, großen Anklang. Zudem verlangt schon heute die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) von uns, bei Kreditvergaben Nachhaltigkeitsrisiken im Blick zu haben. Das ist ja auch richtig, denn der Markt wird zukünftig für Unternehmen, die dem Themenfeld Nachhaltigkeit nicht ausreichend Bedeutung beimessen, zunehmend schwieriger werden. Damit wächst auch unser Risiko als Kreditgeber. Wir wollen aber vielmehr in diesem Segment auch Chancen und Geschäftspotenziale nutzen, unsere Kunden auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit mitnehmen, sie beraten, selbst Produkte mit ihnen zusammen anbieten. Übrigens gibt es jetzt schon bei uns ein sogenanntes „Handschlag-Darlehen Nachhaltigkeit“. Da senken wir die Zinsen um 0,5 Prozent, wenn mit dem Geld etwas Nachhaltiges wie beispielsweise eine Photovoltaikanlage finanziert wird.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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