Brühl. „Weil Brühl grundsätzlich eine steuerarme Gemeinde mit geringen eigenen Gewerbesteuereinnahmen ist, wirken sich Krisen, die sich aktuell vor allem aus dem russischen Angriff auf die Ukraine ergeben haben, schnell negativ aus“, bilanzierte Bürgermeister Dr. Ralf Göck in der Sitzung des Gemeinderates am Montagabend. So werde die Kommune nach dem bisher besten Finanzjahr in der Geschichte der Gemeinde 2022 nun mit einem Fehlbetrag von 3,5 Millionen Euro in 2023 eines der schlechtesten Ergebnisse vorlegen müssen. Das sei jetzt schon abzusehen, so der Verwaltungschef bei der Rede zum Haushaltsetat für das laufende Jahr.
Damit würde die buchhalterische Rücklage von ihrem hohen Niveau herunterkommen. Die reale Rücklage, also die liquiden Mittel, die 2022 so gut aufgefüllt worden seien, dass man sogar Geld anlegen konnte, werde wohl um etwa sieben Millionen Euro schrumpfen – je zur Hälfte für das Defizit und für die Investitionen in 2023, so Göck.
2024 wird in Brühl nur etwas besser als 2023
2024 werde zum zweitschlechtesten Ergebnis seit Einführung der Doppik werden, prognostizierte der Rathauschef anhand des vorgelegten Etatplanes für das laufende Jahr. Der Haushalt 2024 sei zwar etwas besser als der des Vorjahres, aber immer noch sehr schwierig. Die laufenden Ausgaben und die laufenden Einnahmen seien nicht wie im Plan von 2023 mit 4,6 Millionen „in den Miesen“, sondern mit 3,9 Millionen.
„Die steigenden Ausgaben für die Kinder- und Schülerbetreuung können mit der gestiegenen Gewerbesteuerplanung nicht aufgefangen werden“, unterstrich Göck (wir berichteten). Und parallel dazu seien auch die Personalausgaben wieder deutlich angestiegen, diesmal vor allem bedingt durch die hohen Tarifabschlüsse.
Brühler Rücklagen werden reduziert
Während in Vorjahren häufig ein „Plus“ aus dem Ergebnishaushalt bei den Investitionen geholfen habe, „war dies 2023 und wird dies auch 2024 nicht der Fall sein – wir erwirtschaften auch nicht die Abschreibungen“, betonte Göck.
Die starke Rücklage aus 2022 in Höhe von zwölf Millionen habe schon für das Defizit und für die Investitionen des Jahres 2023 reduziert werden müssen. Die Bauvorhaben 2024 würden ebenfalls nicht mit einer Finanzspritze aus dem Ergebnishaushalt finanziert werden können, stellte Göck in seiner Stellungnahme fest, weil dort nach heutiger Planung wieder nichts übrig bleiben werde. Doch: „Die Verschuldung konnten wir bisher in Grenzen halten, derzeit sind wir sogar unter fünf Millionen, das waren wir zuletzt im Jahre 2014.“
Nachdem 2020 die eigenen Konsolidierungsbemühungen mit der Anhebung der Gemeindesteuern begonnen hätten und weil Bund und das Land die Kommunen in der Pandemie unterstützt hatten, blieb damals ein positives Ergebnis von einer Million Euro. „2021 haben wir das Ergebnis um sechs Millionen Euro gedreht, weil das Brühler Gewerbe sowie Bund und Land uns mit über 4,5 Millionen Euro Mehreinnahmen halfen“, stellte Göck fest, dann sei das „super Haushaltsjahr 2022“ mit einem Einnahmerekord gekommen.
Doch das sei 2023 nicht fortgesetzt worden, der Haushalt 2023 würde hochdefizitär abschließen. Auch wenn die Jahresabschlusszahlen noch nicht vorliegen, bleibe es 2023 bei einem negativen Ergebnis von etwa 3,5 Millionen, wenn es auch gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsplan von Anfang des Jahres um etwa eine Million habe verbessert werden können. „Die Einnahmen steigen aufgrund guter Gewerbesteuerergebnisse zwar, allerdings steigen 2023 die Ausgaben wieder deutlicher als die Einnahmen“, erklärte Göck.
Personalkosten schießen auch in Brühl hoch
Die hohe Rücklage aus 2022 habe 2023 für die Investitionen gedient. Restzahlungen und die Grünanlagen sowie Parkplätze rund um den Sportpark-Süd und Restarbeiten beim Sonnenschein-Kindergarten hätten zu Buche geschlagen. „Alles andere, was schon seit Jahren geplant wird, beginnen wir in diesem Jahr: Sozialer Wohnungsbau an der Albert-Einstein-Straße, Flüchtlingsunterkünfte in Containerbauweise und Ersatzneubau Sonnenschein-Hort an der Schillerschule.“ 2024 werde ein Jahr der Neubauten. Das führe aus Göcks Sicht unweigerlich zu einem defizitären Haushalt 2024.
Wie im Vorjahr würden auch 2024 die laufenden Ausgaben sehr stark anwachsen. „Das wundert niemanden, denn die deutlichen Gehaltserhöhungen für unser Personal bedeuten in Brühl schon eine Million Mehrkosten“, erklärte der Verwaltungschef. Hinzu kämen zusätzliche Stellen im Bereich der Kinderbetreuung und im Rathaus. „Wir sind froh, dass die laufenden Einnahmen mitwachsen, sogar etwas stärker als die Ausgaben – allerdings nicht so stark wie wir es brauchen würden, um die laufenden Ausgaben auszugleichen.“
Göck gehe also auch 2024 wie schon in den Vorjahren planmäßig von einem Defizit im geplanten Ergebnishaushalt aus, das mit 3,9 Millionen Euro leicht unter dem des Vorjahres liegen würde. Ob es gelinge – wie in den Vorjahren 2019 bis 2022 – dieses Defizit im Lauf der nächsten Monate ins Positive zu drehen, dürfe aus seiner Sicht bezweifelt werden.
Mehr Geld für Brühler Kindergartenpersonal
Das hohe Defizit komme also aus dem eigenen Personaletat und aus der Preisentwicklung bei vielen Dienst- und Transferleistungen, auch beim Personal der kirchlichen Kindergärten, denen 800 000 Euro mehr ausbezahlt werden müssten.
„Die Aufwendungen steigen so insgesamt von 43 auf 47 Millionen Euro“, prognostiziert Göck. Dem stünden laut Planung die deutlich steigenden Einnahmen sowohl aus eigenen Steuern wie aus Zuweisungen von Bund und Land gegenüber. Sie steigen – laut Etatentwurf – von 38 auf 43 Millionen im laufenden Jahr.
Im Finanzhaushalt, in dem nur die realen Zahlungsflüsse erfasst werden, zeige sich, dass die Einzahlungen nicht ausreichen, um die laufenden Auszahlungen zu finanzieren. Und in dieser Lage seien dann auch die Investitionen nicht aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren, unterstrich der Bürgermeister.
„Die genannten Ausgabenpositionen und die Steigerungsraten bei den Personalausgaben machen es erklärlich, dass der Haushaltsausgleich in einer steuerarmen Gemeinde wie Brühl kaum gelingen kann“, zeigte sich der Rathauschef fast schon resigniert.
Schuldenstand in Brühl immer noch niedrig
In 2024 könnten die angedeuteten Investitionen wohl nicht mehr ohne Kreditaufnahme finanziert werden. „Wir liegen jetzt, also Anfang 2024 bei 4,5 Millionen Euro Schulden, das sind nur noch 315 Euro pro Einwohner, während der Landesdurchschnitt bei 2004 und der Bundesdurchschnitt bei 3800 Euro liegt“, rechnete Göck vor.
Über die Stellungnahmen der Fraktionen zum Haushaltsentwurf für 2024 berichten wir noch. Am Ende wurde das Zahlenwerk mit Dank ans Kämmereiamt beschlossen.
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