Brühl. Deutschlands wohl bekanntester Energieberater kommt mit einem Bündel Energiespartipps nach Brühl. Am Mittwoch, 16. Oktober, um 19 Uhr lädt die Klimaschutz-Arbeitsgemeinschaft „Erneuerbare Energien“ zu einer Informationsveranstaltung in die Festhalle ein. Hauptakteur an diesem Abend ist Carsten Herbert. Der erfahrene Bauingenieur kümmert sich seit rund 20 Jahren um Energieberatung und die energetische Begleitung von Bauprojekten.
Als „Energiesparkommissar“ erklärt er einer schnell wachsenden Youtube-Gemeinde im Internet alle wichtigen Fragen rund ums Energiesparen im Haus und in der Wohnung. Seine auch für Laien leicht verständlichen Erklärvideos werden regelmäßig hunderttausendfach aufgerufen. Wir sprachen im Vorfeld mit ihm über Grundsätzliches und Spezielles bei dem umfassenden Thema.
Gibt es eine Art Leitsatz, der über dem Themenbereich energetische Sanierung von Häusern steht?
Carsten Herbert: Die Frage habe ich tatsächlich in der Form noch nie gestellt bekommen. Vielleicht könnte man sagen: „Der Spaß am Energiesparen muss erst geweckt werden!“ Denn es ist vor allem mit zwei Dingen verbunden, nämlich die großen Maßnahmen wie Dachdämmung, Fenster- und Heizungsaustausch sind Sachen, die machen wegen der doch recht hohen Kosten keine wirkliche Freude. Und zweitens sind da Themen, bei denen es um die Suffizienz geht – das hat man ja in der Gaskrise erlebt, als es hieß, man müsse die Temperatur runterfahren, damit die Gasreserven ausreichen. Man sollte also den bisherigen Lebensstandard runterschrauben. Das sind zwar Sachen, die auf der einen Seite viel kosten, und auf der anderen kein Vergnügen bereiten. Die Null-Euro-Maßnahmen, die es gibt und Spaß machen, sind dagegen kaum bekannt, weil eben niemand Geld mit ihnen verdienen kann.
Was wären denn solche Maßnahmen – können Sie da mal ein Beispiel geben?
Herbert: Etwa die Heizkurve der eigenen Heizungsanlage optimal einzustellen. Da liegt das Einsparpotenzial – je nachdem wie falsch sie vorher justiert war – in der Größenordnung von den eben genannten großen teueren Baumaßnahmen. Und das funktioniert ohne jeden Komfortverlust – es bleibt in den Zimmern genauso warm, man braucht dafür nur weniger Öl, Gas oder Strom. Es gibt also einige einfache und sinnstiftende Lösungen für unsere Häuser und Heizungen – mit denen sollte man starten.
Zu welchen ersten Maßnahmen würden Sie denn raten?
Herbert: Man sollte zunächst im eigenen Haus nachschauen, welche geringinvestive Maßnahmen es geben kann. Da gibt es ein ganzes Potpourri an verschiedenen Aktionen. Natürlich sind nicht überall alle Maßnahmen gleich gut möglich. Aber eine ist meistens dabei, die man nutzen kann. Eine der ganz großen Nummern ist die Verbesserung der Luftdichtheit – in erster Linie im Dachbereich. Verluste sind da oft nicht direkt wahrnehmbar. Wenn mir warme Luft im Dach über welche Stellen auch immer verlorengeht, dann spüren wir das gar nicht.
Warum?
Herbert: Das hängt mit dem sogenannten thermischen Druck zusammen. Warme Luft in einer kalten Umgebung drückt nach oben. Wenn ein Dach undicht ist, geht die warme Luft da hindurch. Den Wärmeverlust spüren wir aber nicht im Dach, sondern da, wo die Luft nachströmt – und das ist im Erdgeschoss. Wenn es dort also zieht, sollte man zuerst mal im Dach nachschauen, ob da alles dicht ist.
Das hört sich so an, als würde es in vielen Häusern noch einige Potenziale geben, oder?
Herbert: Es sind extrem viele Einsparpotenziale bei vielen Altbauten vorhanden, ohne dass deren Bewohner es ahnen. Das ist der Grund, weshalb ich durch die Lande reise und versuche den Leuten zu erklären, wo Möglichkeiten sind, die fast nichts kosten. Mit denen sollte man anfangen. Dann hat man durch die Einsparung vielleicht noch ein bisschen Geld übrig, um am Ende sogar eine der größeren Investitionen finanziert zu bekommen.
Eine größere Maßnahme könnte eine Wärmepumpe sein – ist die kaputtgeredet worden?
Herbert: Zumindest ist das Gebäudeenergiegesetz nicht sehr gut kommuniziert worden. Wer daran schuld ist, will ich jetzt gar nicht diskutieren. Auf alle Fälle hat man nicht sehr gut erklärt, was da in Zukunft auf uns zukommt und dadurch wurden sehr viele Missverständnisse geschaffen, manchmal sogar falsches Wissen unter die Leute gebracht. Das hat am Ende zu Angst, Verunsicherung und Vorbehalten gegen die Technik geführt. Das wiederum brachte dann eine gewisse Zurückhaltung bei den Investitionen in die Wärmepumpentechnik mit sich. Nun wird es langsam etwas besser mit der Informationslage – und das ist auch eines meiner Ziele, wenn ich bei meinen Vorträgen über Wärmepumpen aufkläre. Ich habe die vergangenen Monate zudem an einem Wissensportal zu Wärmepumpen gearbeitet, das am Dienstag, 8. Oktober, online geht. Ich hoffe, dass das eine so große Verbreitung findet, dass sich mehr Menschen ernsthaft mit der Technik auseinandersetzen und sich trauen, eine klimafreundliche Wärmepumpe einzubauen.
Wann ist denn ein Fensteraustausch sinnvoll?
Herbert: Wenn die Lebensdauer eines Fensters erschöpft ist – das ist normalerweise nicht vor 30 oder 40 Jahren gegeben. Es gibt aber noch ein weiteres wichtiges Datum in Bezug auf die Fenster: Ab 1995 wurde die heute übliche Wärmeschutzverglasung zum Standard. Die muss man eigentlich nicht austauschen. Bei älteren Fenstern lohnt es sich, zu prüfen, ob die noch die alte Isolierverglasung haben. Mit der Wärmeschutzverglasung gab es einen echten Technologiesprung, der sich sowohl bei der Behaglichkeit als auch im beim Wärmeschutz bemerkbar macht.
Zur Wärmedämmung bei den Außenwänden gibt es auch ganz unterschiedliche Einschätzung. Oft wird die Angst vor Schimmel genannt. Hat das seine Berechtigung?
Herbert: Ja, das ist interessant, denn genau das Gegenteil ist der Fall. Feuchtigkeitsbildung und Schimmel passieren da, wo es im Haus niedrige Temperaturen gibt und sich Wasser niederschlagen kann. Wenn ich Bauteile wärmedämme, dann erhöhe ich auf der Innenseite des Bauteils die Temperaturen und es kann sich kein Tauwasser bilden. Doch der Mythos „Dämmen führt zu Schimmel“ hält sich hartnäckig, weil in den ersten Jahren in denen man Wärmedämmverbundsysteme verbaut hat, hat man nicht selten die Laibung von der Fassade bis zum Fenster einfach ausgespart. Die Fensterlaibung machte viel Arbeit, versprach als recht keine kleine Fläche aber nur ein kleines Einsparpotenzial. Aber genau an diesen Stellen hinter den Fenstern wird es dadurch besonders kalt im Vergleich zu den gedämmten Flächen. So hat sich die Feuchtigkeit aus der Raumluft auf diese Bereiche konzentriert und es konnte sich Schimmel bilden. Wenn man dämmt, muss man halt einfach lückenlos dämmen. Heute wissen das alle Handwerksbetiebe. In den 1970er und 1980er Jahren war das noch nicht immer und überall der Fall. Die Fehler der Vergangenheit bleiben so als Mythos bis heute lebendig.
Über diese Missverständnisse möchten Sie aufklären – was erwartet die Besucher noch?
Herbert: Ich habe eine ganz Menge Tipps in meinem Rucksack. Mein Ziel für den Abend in der Brühler Festhalle wird sein, dass niemand nach Hause geht, der nicht zwei, drei neue Ideen mitnimmt, die sofort und mit wenig Aufwand umgesetzt werden können.
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