Oftersheim. „Das Recht auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, auf Bildung, Freizeit, eine saubere Umwelt und Chancengerechtigkeit für alle Kinder – das sollte bei uns eine Selbstverständlichkeit sein“, sagt der Landtagsvizepräsident Daniel Born. Allerdings gibt sich Born nicht mit großen Worten zufrieden – er veranstaltet daher in Kooperation mit der Oftersheimer SPD eine kommunale Woche der Kinderrechte.
Auch außerhalb von zeitbegrenzten Aktionen wie dieser, die am Samstag, 3. Februar, beginnt, finden Kinderrechte in Oftersheim statt. Ob in Schulen, Kindergärten, Vereinen oder im privaten Raum: Kinder haben Rechte. Doch wie werden sie umgesetzt? Dazu äußerten sich Alexa Schäfer, die Rektorin der Theodor-Heuss-Schule (THS) und Ines Hieltscher, Konrektorin der Friedrich-Ebert-Grundschule (FES), gegenüber dieser Zeitung.
Rechte besonders in Ganztagsschule wichtig
Gerade in einer gebundenen Ganztagsschule, wie es die Oftersheimer Heuss-Schule ist, sei es besonders wichtig, dass die Schüler ihre Rechte kennen und auch aktiv davon Gebrauch machen, erklärt Schäfer: „Aus diesem Grund sind Kinderrechte in unserem Schulkonzept verankert.“ Dies sei seit vier Schuljahren, in Form von Versammlungen, die einmal im Monat stattfinden und von den Schülern moderiert werden, der Fall. Daneben bestehe auch ein Kinderparlament, das ebenfalls regelmäßig tage. Klassensprecher fungieren dabei als Parlamentarier und vertreten ihre jeweiligen Klassen.
Selbstbestimmung und das Wahlrecht könnten die Schüler bei der Wahl des „Mottos des Monats“ aktiv kennenlernen und erleben. Doch damit nicht genug, Schäfer gibt zusätzlich bekannt: „Außerdem wird die Streitschlichtung, die aktiv von Schülern für Schüler angeboten wird, momentan wieder ins Leben gerufen, nachdem es während Corona hier wenig Möglichkeiten gab.“
Das aktive Erleben und Mitgestalten der eigenen Rechte sei auch ein wichtiger Grundstein in der Friedrich-Ebert-Grundschule, weswegen diese in der dritten Klasse Teil des Sachunterrichts sind, wie Hieltscher erklärt: „Die Kinder erfahren in der Einheit „Kinderrechte“, was der Unterschied zwischen Rechten und Pflichten ist, seit wann es Kinderrechte gibt, wo sie verankert sind, welche Kinderrechte es gibt und welche Unterschiede der Umsetzung in den jeweiligen Ländern erkennbar sind.“
Kinderrechte im Bildungsplan verankert
Beide Schulverantwortliche betonen, dass die Kinderrechte auch im Bildungsplan verankert seien. Eine Verantwortung, den Schülern Rechte und Pflichten näherzubringen, liegt hauptsächlich bei den Bildungseinrichtungen. Die Erziehungsberechtigten sind als nächste Bezugspersonen dazu angehalten, die Kinder über ihre eigenen berechtigten Forderungen gegenüber der Gesellschaft aufzuklären. Dabei müsse die Heterogenität der jeweiligen Eltern und Schüler beachtet werden, gibt Schäfer zu bedenken. Außerdem gebe es auch bei den Erwachsenen Unterschiede in Erziehungsstilen. Insgesamt könne sie trotzdem sagen: „Sicherlich bringen viele Kinder ein gutes Wissen an Kinderrechten von zu Hause mit.“
Einen ähnlichen Blick auf die Aufklärung der Eltern hat die Konrektorin der FES. So gebe es Schüler, die das eine oder andere Recht bereits kennen, so Hieltscher. Über die Gemeinschaft sagt sie: „Sie sind während der Durchnahme des Themas sehr interessiert und motiviert.“
Oftersheimer Grundschulen: Entscheidungen sind erlernbar
Die Literaturwissenschaftlerin Jeannine Luczak sagte einmal: „Demokratie heißt, die Wahl haben.“ Für die Jüngsten in der Gesellschaft ist die Freiheit, die damit einhergeht, etwas Erlernbares. Daher sei das aktive Mitbestimmen in beiden Schulen von essenzieller Bedeutung. Doch vor dem aktiven Mitbestimmen stehe immer das Recht der Kinder, „sich zu informieren und mitzuteilen“.
In der Friedrich-Ebert-Schule geht es daher nicht nur um das starre Lernen von Rechten, sondern auch um deren Umsetzung, wie Hieltscher bestätigt: „Die Viertklässler haben dem Bürgermeister geschrieben. Die dritten Klassen waren bei ihm zu Besuch und stellten viele Fragen zum Ort, äußerten Wünsche und machten Vorschläge.“ Weiterhin gebe es an der FES die Streitschlichter-Arbeitsgemeinschaft, das soziale Lernen, das Projekt „Gesunde Ernährung“ in Klasse drei oder in der zweiten Klasse „Das gesunde Frühstück“.
Oftersheimer Schüler sollen Schulleben mitgestalten
An der THS werde die Möglichkeit geboten, das Schulleben aktiv mitzugestalten. „Als Beispiel wurden im vergangenen Schuljahr Pokémon-Regeln von den Schülern erarbeitet, in der Schulversammlung vorgestellt und abgesegnet“, so Schäfer. Diese hätten nunmehr ihre Gültigkeit, was natürlich bedeute, dass die Schüler sich gegenseitig kontrollieren, ob diese auch beachtet würden. Ein weiteres Beispiel seien zudem die vom Kinderparlament formulierten „Fußballregeln“ für die Unterrichtspause. Diese seien ohne die aktive Beteiligung der Erwachsenen entstanden.
Schäfer fügt hinzu: „Selbstverständlich werden diese Regeln von Zeit zu Zeit immer wieder gemeinsam evaluiert, überdacht und eventuell überarbeitet.“ Daneben sei unter anderem auch das Motto des diesjährigen Schulfests von den Parlamentariern entschieden worden. Hierbei seien selbst die Vorschläge direkt von den Klassengemeinschaften eingebracht worden.„Für Vorschläge der Schüler bezüglich Pausengestaltung und Feierlichkeiten wie Fasching, Halloween oder vielem mehr sind wir immer dankbar. So ist uns die Partizipation der Schüler wichtig“, betont Schäfer.
Oftersheimer Schulen wollen Unversehrtheit gewährleisten
Kinderrechte beinhalten aber mehr. Fälle von Übergriffen, physischer und psychischer Gewalt oder auch sexuellem Missbrauch an Kindern sind immer wieder im medialen Fokus. Doch wie kann dieses zentrale Thema auch im Schulalltag ankommen?
Schulleiterin Alexa Schäfer äußert sich dazu: „Diese Frage ist schwer zu beantworten. Wir Lehrer versuchen, mit unserem Schulsozialarbeiter sowie FSJlern, Schulbegleitern und weiteren immer ein Auge auf jedes Kind zu haben, wollen jedoch nicht verschweigen, dass uns das sicher nicht immer voll gelingt.“ So seien die Betreuer bestrebt, die Schüler zu ermutigen und zu bestärken, bei Problemen auf die Bezugspersonen zuzukommen. Diese seien dazu angehalten, sich Zeit zu nehmen und den Kindern das Gefühl der Ernsthaftigkeit ihres Problems zu geben. „Vertrauen sich Kinder uns an, arbeiten wir mit dem Kinderschutzbund sowie dem Jugendamt zusammen.“ Bisher habe diese Notwendigkeit nicht bestanden.
Ines Hieltscher sagt: „Die Umsetzung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung ist ein sehr sensibles Thema.“ So würden die Kinder sehr ernst genommen, wenn sie sich den Lehrern und Betreuern anvertrauen. Sie erklärt: „Unsere Schule ist zugleich auch Notinsel für die Kinder.“
Schule könne aber nicht mit vollumfänglicher Sicherheit ausschließen, dass es Fälle gebe, die den Verantwortlichen in der Bildungsstätte nicht gemeldet wurden, ergänzt Schäfer. Grundsätzlich würde beispielsweise die THS Probleme jeglicher Art ohne Zeitverzögerung in Angriff nehmen, auch unter Einbeziehung von Sozialarbeitern, Eltern und außerschulischen Partnern. „Durch Kommunikation lässt sich sehr viel abfedern und Probleme lösen“, so Schäfer abschließend.
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