Plankstadt/Region. Sein Konzept sei „komplett aufgegangen“, sagt Thomas Neumann. Vor sieben Jahren hat der Inhaber eines Sanitärbetriebs sein Firmengebäude im Plankstadter Gewerbegebiet um die Pension Neumann’s ergänzt. Dank Rücklagen und der Quersubventionierung durch den Sanitärbetrieb haben er und seine Pension die Corona-Pandemie gut überstanden. Heute liegt die Auslastung beinahe auf Vor-Krisen-Niveau. „Es sind etwa sieben bis acht Prozent weniger“, sagt Neumann.
So wie dem Plankstadter geht es aktuell vielen Hotelbetreibern. Die Übernachtungszahlen in Baden-Württemberg haben sich von der Corona-Krise erholt. Im Jahr 2023 zählte der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga 36,335 Millionen Übernachtungen. Im Krisenjahr 2022 waren es fast vier Millionen weniger. Noch klafft jedoch eine Lücke von rund 400 000 Übernachtungen zum Vorkrisenjahr 2019. Allerdings sind nicht nur die Übernachtungszahlen, sondern auch die Preise gestiegen. Laut Dehoga sind die Kosten für Übernachtungen in Baden-Württemberg in 2023 um 6,9 Prozent höher als noch vor der Corona-Krise.
Seehotel Ketsch: Steigende Restaurantpreise „gehen voll zu unseren Lasten“
Die Preise einmalig nach oben angepasst hat auch Susanne Keppel. Die gestiegenen Stromkosten seien der Grund gewesen, sagt die 55-Jährige. Gemeinsam mit ihrem Mann Hans Ludwig leitet sie das Seehotel in Ketsch. „Durch die Anhebung der Preise fallen wir aus bestimmten Budgets heraus“, erzählt die Inhaberin über das nicht rein aufgezwungene, sondern in Teilen auch selbstbestimmte Preisniveau. Gerade wird ein Hotelflügel modernisiert und renoviert.
Auch in der Gastronomie sind gestiegene Preise seit Beginn des Jahres ein Thema. Wegen der Rückkehr von sieben zu 19 Prozent Mehrwertsteuer seien Preisanpassungen „nach unserer Einschätzung unvermeidlich“, teilt ein Dehoga-Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung mit. Für eine Einschätzung, wie diese sich auf die Akzeptanz und die Nachfrage der Gäste auswirken würden, dafür sei es „noch zu früh“, heißt es in der Antwort weiter. Ulrike Kugler-Oestergaard kennt die Auswirkungen bereits. Im Hotel Grenzhof in Heidelberg wurden die Preise angehoben – und wieder gesenkt. „In einer sinkenden Nachfrage können wir nicht noch die Preise steigern“, sagt die Inhaberin, die das Hotel in vierter Generation zusammen mit ihrem Bruder führt. Eine Anhebung der Preise „geht voll zu unseren Lasten“, sagt sie. Aktuell bewegen sich die aufgerufenen Preise im Restaurant, dem Aushängeschild des Hotels, auf dem Niveau von 2022.
Weniger Geschäftsreisen im Ketscher Seehotel - Kooperation kann das ausgleichen
Nicht auf das alte Niveau zurückkehren wird wohl die Anzahl der Tagungsgäste und Geschäftsreisenden. Im Ketscher Seehotel, das nach eigenen Aussagen von Geschäftsreisenden lebt, hätten die Tagungen zwar abgenommen, „aber wir konnten das immer durch andere Dinge ausgleichen“, sagt Inhaberin Susanne Keppel. Diese anderen Dinge sind unter anderem eine Kooperation mit dem Emodrom aus Hockenheim, die Gäste von Fahrtrainings auf dem Hockenheimring im Seehotel beherbergt, oder Geburtstags- und Firmenfeiern.
Im Hotel Grenzhof hingegen, wo der Großteil der Umsätze ebenfalls über Veranstaltungen und Tagungen generiert wird, hat der Rückgang in diesen Segmenten fatale Folgen. „Wir haben dieses Jahr große Umsatzeinbrüche“, sagt Geschäftsführerin Ulrike Kugler-Oestergaard (kleines Bild). Die Monate Februar und März seien zwar immer die am wenigsten ertragreichen, doch im Vergleich zum ersten Quartal im vergangenen Jahr verzeichne das Hotel Grenzhof einen Umsatzrückgang von 30 Prozent.
Diese Entwicklung gilt jedoch nicht für das gesamte Bundesland. „Einen generellen Trend weg von Tagungen können wir nicht bestätigen“, teilt Dehoga Baden-Württemberg mit. Die Betriebe würden sich auf Marktveränderungen einstellen und etwa hybride Tagungsformen anbieten.
Dem Plankstadter Thomas Neumann sind diese Probleme fremd. Die Pension Neumann’s verfolgt ein völlig anderes Konzept. Die Gäste sind überwiegend Monteure, die unterwegs auf Montage seit Jahren in seiner Pension übernachten. Einige wenige Radfahrer oder Besucher des Hockenheimrings kommen hinzu. Gäste können über die Chipkarte aus dem Tresor außerhalb der Pension einchecken, Restaurant oder Tagungsräume bietet Thomas Neumann nicht an. Aber der 55-Jährige hat Verständnis für die Sorgen in der Branche – und ist dann doch von einer Problematik betroffen: „Für das operative Geschäft habe ich gar keine Zeit mehr“, sagt Thomas Neumann. Schuld daran sei die Bürokratie.
Hotel Grenzhof: Selbst eine Anleitung zum Händewaschen ist vorgeschrieben
Kürzlich habe sie eine Gefährdungsbeurteilung für das Hotel Grenzhof abgeben müssen, erzählt Ulrike Kugler-Oestergaard. Umfang: 55 Seiten. „Wir sind ein Hotel und kein Chemieunternehmen“, sagt die Inhaberin sichtlich genervt über die Erfassung möglicher Gefährdungen ihrer Beschäftigten – und den damit verbundenen Aufwand. Selbst am Waschbecken habe sie zu ihrem Unmut ein Schild aufhängen müssen mit einer Anleitung zum korrekten Händewaschen. „Da guckt doch kein Mensch drauf.“ Für Ulrike Kugler-Oestergaard habe die Bürokratie „in den vergangenen Jahren extrem zugenommen“. Abhilfe schaffen soll das im März von der Bundesregierung beschlossene Bürokratieentlastungsgesetz. Unter anderem soll dadurch die Hotelmeldepflicht zukünftig wegfallen. Laut Bundesjustizministerium entfalle „das lästige Ausfüllen von Meldescheinen“ für deutsche Staatsangehörige.
Im Ketscher Seehotel wird die Nachfrage zum bürokratischen Aufwand mit Schulterzucken beantwortet. „Wir haben viel digitalisiert“, nennt Susanne Keppel den Schlüssel zum Erfolg. Ohnehin gibt die Inhaberin sich selbstbewusst. Das Seehotel werde unternehmerisch gut geführt, die Corona-Krise hätten sie gut überstanden. „Wir haben schon genug Krisen durchschritten“, sagt die Frau, die vor über 30 Jahren ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau im Seehotel durchlaufen hat und seitdem beinahe ununterbrochen am Ufer des Anglersees beschäftigt ist. Sie muss es wissen – und vertraut auf das Geschäftsmodell.
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