Ortsmitte

Neue Friedenslinde in Plankstadt gepflanzt – die Symbolik dahinter

In einer Zeit weltweiter Unruhen und historischer Konflikte setzt eine Gemeinde ein bedeutendes Zeichen: Die Pflanzung einer Friedenslinde. Bis zum heutigen Tag ist ihre Symbolkraft ungebrochen.

Von 
Ulrich Kobelke
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Die neue Friedenslinde hat eine stattliche Größe von elf Metern. Hier steht sie vor dem Rathaus in der Ortsmitte. © Kobelke

Plankstadt. Es entbehrt nicht einer nachdenklichen Symbolik, wenn im Jahr 2023 in einer Zeit, in der es in vielen Teilen der Welt brennt oder zu brennen droht – und das sogar mit dem Ukraine-Krieg vor unserer eigenen Haustür – eine Gemeinde eine neue Friedenslinde im Ortszentrum pflanzt. Im Zuge der Sanierungsarbeiten des Rathausplatzes und der Schwetzinger Straße musste die alte Friedenslinde von 1987 weichen, übrigens schon zum zweiten Male, denn die erste Linde, nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 gepflanzt, erfror im strengen Winter 1939/40 und musste gefällt werden – auch damals im ersten Kriegswinter des Zweiten Weltkriegs ein Bild von enormer Symbolik für die unerfüllten Wünsche der Menschen nach Frieden.

Nur gab es einen wesentlichen Unterschied in der Intention zur Friedenslinde von 1871 und der Linde von 1987, denn die Denk- und Sichtweisen der Menschen im 19. und derer im 20. Jahrhundert konnten nicht weiter auseinanderliegen.

Blick in die Historie der Friedenslinde

Wir wissen aus der Geschichte, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich lange Zeit alles andere als freundschaftlich war. Die Geschichte des Aufeinanderzugehens und der deutsch-französischen Freundschaft beginnt erst nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 und ist in großen Teilen weitsichtigen europäischen Politikern wie Robert Schuman, Charles de Gaulle, Carlo Schmitt und Konrad Adenauer zu verdanken. Zwischen 1870 und 1871 aber herrschte der deutsch-französische Krieg zwischen den beiden Ländern und führte zur vielzitierten „Erbfeindschaft“ zwischen den beiden Nationen.

Deutschland besiegte Frankreich in diesem Krieg und gebärdete sich danach, wie es viele Siegermächte in der Geschichte immer wieder taten: Der Unterlegene sollte „bluten“, auch im übertragenen Sinn und der militärische Sieg gab Anlass zu vielen Siegesfeiern und ähnlichen Kundgebungen und manifestierte sich auch in Symbolen wie Siegesdenkmalen und eben auch Siegeslinden oder Siegesbäumen – so auch in Plankstadt. Ein weiterer Höhepunkt der Provokation war die Ausrufung des Deutschen Kaiserreiches durch Otto von Bismarck ausgerechnet im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles.

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Nach dem Ersten Weltkrieg begann das gleiche Spiel im umgekehrten Modus: Deutschland war der Verlierer und Frankreich setzte alles daran, den Unterlegenen zu demütigen und sich selbst zu verherrlichen – sichtbaren Ausdruck fand diese unerbittliche Haltung des Siegers im Versailler Vertrag von 1919, der dann – wie wir heute alle wissen – auch zum weiteren schrecklichen Zweiten Weltkrieg beitrug, der die ganze Welt in Mitleidenschaft zog.

Der Friedensbaum als Mahnung und Hoffnungsträger

Vielleicht bedurfte es dieser Katastrophen, um die Erkenntnis reifen zu lassen, dass Nationen und vor allem benachbarte Länder auch auf andere Weise miteinander umgehen können und müssen. Aus der Erbfeindschaft wurde so eine Völkerfreundschaft, die bis heute gepflegt wird. Es taucht ja bei Historikern immer wieder die Frage auf, ob Menschen aus der Geschichte lernen können – ein Blick in die gegenwärtige Welt lässt starke Zweifel aufkommen, ob dies bei Politikern der Fall ist.

Auf jeden Fall aber gehört es zu den unabdingbaren Forderungen, mahnend darauf hinzuweisen, dass es außer Krieg auch andere Möglichkeiten gibt. Bäume mit ihrer oft langen Lebensdauer und ihrer Standfestigkeit haben im Laufe der Zeit hier eine große Symbolkraft entfaltet. Mit jeder Friedensbaumpflanzung leisten wir einen Beitrag zum Frieden. Die Verbindung zur gesamten Schöpfung – der Natur, den Tieren, den Bäumen und zwischen den Menschen – wird gestärkt.

Am 28. Oktober 1940 wird die Friedenslinde gefällt. © Gemeindearchiv

Viele Initiativen zur Friedensbaumpflanzung gibt es weltweit und ganze Wälder sind so schon entstanden. Manche der Bäume mahnen über Jahrhunderte hinweg – so beispielsweise die Oftersheimer Friedenslinde, die nach dem Dreißigjährigen Krieg gepflanzt worden war und bis Ende 2003 auf der Anhöhe in Friedhofsnähe stand. Erst dann bereitete eine Baumkrankheit und der damit einhergehenden mangelnden Standsicherheit dem Leben des Baumes nach rund 350 Jahren ein Ende. Auch hier wurde eine neue Friedenslinde gepflanzt. Zwischen 1940 und 1987 gab es dann in Plankstadt keine Friedenslinde im Ortszentrum, was von vielen bedauert wurde und unter anderem mit zur Bildung einer Bürgerinitiative für weltweite Abrüstung führte.

Plankstadts Gemeindearchiv berichtet von früherer Friedenslinde: Preis lag bei 24 Kreuzern

Aus alten Akten des Gemeindearchivs lesen wir auch, dass die im Jahr 1871 von der Großherzoglichen Garteninspection Schwetzingen gelieferte Linde 24 Kreuzer kostete. Viel wurde damals berichtet über die Einfriedung der Linde und der damit verbundenen Handwerkeraufwendungen. Die gesamte Anlage schlug damals mit 6 Gulden, 54 Kreuzern zu Buche – schwer zu beziffern, was dies in heutiger Währung für die Gemeinde bedeutete, da ganz unterschiedliche Angaben zum Wert der Gulden zu finden sind.

Im Jahr 1987 – auch damals nach Straßenbauarbeiten im Rathausumfeld – wurde am 5. Dezember 1987 unter großer Beteiligung der Bevölkerung von Bürgermeister Werner Weick eine neue Linde gepflanzt. Noch befanden wir uns 1987 in der Zeit des Kalten Krieges und der Wunsch nach dauerhaftem Frieden war nach wie vor groß. Bürgermeister Weick wies bei der Neupflanzung in seiner Ansprache darauf hin, dass dieser Baum, der den Friedenswillen aller Bürgerinnen und Bürger Plankstadts betonte, aber nicht nur zum Frieden in der Welt, sondern auch zum friedlichen Zusammenleben in der Gemeinde mahnen sollte.

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Dies betonten auch damals die beiden Ortspfarrer Johannes Lundbeck und Rudolf Grammetbauer in ihren Gebeten und Fürbitten. Wie trügerisch aber auch längere Phasen eines scheinbaren Friedens und einer zunehmenden Annäherung der Völker sein können, zeigt gerade unsere Zeit und so ist es mehr als verständlich, wenn sich der Wunsch nach Frieden auch in der Pflanzung eines neuen Friedensbaumes manifestiert. Da Bäume bekanntlich langsam wachsen, hat sich die Gemeinde entschieden, einen bereits größeren Baum zu erwerben, um dem Ortsmittelpunkt ein würdiges Aussehen zu verleihen. Das war schon im Jahr 1987 so, damals war der neue Baum bereits 20 Jahre alt, zwei Tonnen schwer, sechs Meter hoch und wies schon 40 Zentimeter Umfang auf.

Die neue Friedenslinde in Plankstadt: Die Fakten zu dem neugepflanzten Baum

Die neue Friedenslinde, die nun seit Mitte November vor dem Rathaus steht, hat auch bereits eine stattliche Größe – größer noch als der Baum von 1987. Der Gemeinderat und die Verwaltung haben sich für einen Baum der Firma Bruns-Pflanzen aus Bad Zwischenahn entschieden.

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Der Baum ist 35 bis 40 Jahre alt, er ist elf Meter hoch und hat bereits einen Stammesumfang von 85 Zentimetern. Sein Gewicht liegt bei etwa 6,5 Tonnen. So große Bäume haben natürlich auch ihren Preis – der neue Baum kostet (mit Anlieferung und Pflanzung) 10 500 Euro. Neben der Lieferfirma Bruns waren bei der Pflanzung noch beteiligt: die MVV – Regio-Plan, die Firma Bender aus Mertesheim, die sich um die Pflanzung kümmerte, und die Firma Weiland, die den Kran stellte. Ihren Platz hat die neue Friedenslinde neben dem Jahrhunderte alten Dorfbrunnenschacht, der bei den Arbeiten am Platz wieder freigelegt wurde und nun auf Dauer sichtbar bleiben wird. Dazu wird die neue Bank um die Linde sicher viele zum Verweilen im Schatten des Baumes und zur angeregten Kommunikation auch über das Geschehen in der Gemeinde einladen.

Einen offiziellen Festakt zur Pflanzung wird es noch nicht geben, dafür wird die Einweihung des gesamten Platzes nach der Fertigstellung im kommenden Jahr gebührend gefeiert. Dann wird Plankstadt einen würdigen Platz haben, der einen wahrlich echten Ortsmittelpunkt darstellen wird.

Freier Autor

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