Reilingen. Nicht nur auf Verständnis stieß Dipl.-Ingenieur Simon Schuster vom Büro Willaredt, der dem Gemeinderat das Ergebnis der Untersuchung des Kanalnetzes auf Schäden hin vortrug. Die Feststellung, dass knapp über die Hälfte des 38 Kilometer langen Netzes ohne Befund sei, wurde in der Ratssitzung mit Freude aufgenommen, der Hinweis, dass sich die Schadensbefunde über das gesamte Ortsbild verteilen, weniger.
Denn einige Gemeinderäte konnten nicht nachvollziehen, warum auch in der frisch sanierten Hockenheimer Straße sowie im Neubaugebiet Herten II die Kanäle nicht ohne Schäden seien.
Zustand des Kanalnetzes in Reilingen: Sanierungskosten in Millionenhöhe
Durch die Eigenkontrollverordnung des Umweltministeriums sind die Kommunen verpflichtet, ihre Abwasseranlagen regelmäßig auf Sanierungsbedarf zu überprüfen. Die letzte Untersuchung fand in der Gemeinde vor gut 15 Jahren statt, weshalb der Rat das Ingenieurbüro Willaredt aus Sinsheim beauftragt hatte. Sie hat rund 38 Kilometer Kanalnetz und fast 100 Schächte mittels einer TV-Kanalkamera begutachtet. Die registrierten Schäden wurden in fünf Zustandsklassen eingeteilt, von „kein Mangel“ bis hin zu Gefahr im Verzug.
Wie gesagt, über die Hälfte der Kanalstrecke ist ohne Befunde, bei weiteren 18 Prozent besteht geringer Handlungsbedarf. Dringenden Handlungsbedarf sieht das Büro hingegen in 37 Prozent der überprüften Rohre.
Die Beseitigung der „starken“ und „sehr starken“ Mängel soll sofort in Angriff genommen werden – die Kosten werden auf rund 850 000 Euro geschätzt. Die nicht so gravierenden Befunde können in den Folgejahren behoben werden, addieren sich allerdings in der Kostenschätzung auf weitere 1,7 Millionen Euro. Insgesamt sind für die Kanalsanierung rund 2,5 Millionen Euro fällig.
Schuster sah in dem guten Ergebnis die Tatsache widergespiegelt, dass die Gemeinde in der Vergangenheit viel in ihr Kanalnetz investiert habe, was sich nun auszahle. Erfreulich ist für ihn auch, dass sich rund 90 Prozent der Schäden im geschlossenen Verfahren beheben lassen, sprich die Straße nicht aufgegraben werden muss.
Kontroverse Diskussion im Gemeinderat über Schäden in frisch sanierten Straßen: Neubaugebiet betroffen
Patricia Faber (FW) zeigte sich erfreut, dass über die Hälfte der Kanäle ohne Befund seien, womit man im Vergleich mit anderen Kommunen sehr gut dastehe. Nicht nachvollziehen konnte sie, warum die erst kürzlich für viel Geld sanierte Hockenheimer Straße, dabei wurde auch Kanalarbeiten durchgeführt, gleichfalls Schäden aufweise. Auch Klaus Schröder (FW) kritisierte, dass im Neubaugebiet Herten II ebenfalls Schäden der Klasse I festgestellt worden seien.
Wie Schuster ausführte, dürfte es sich in diesen Fällen meist um kleinere, marginale Schäden handeln. Eine detaillierte Betrachtung der angetroffenen Schäden, diese reichen vom Wurzeleintrag bis hin zu Haarrissen oder Ablagerungen, will er dem Technischen Ausschuss noch vorstellen.
Zum Teil, merkte er an, hätte sich die Untersuchung des Netzes mit Untersuchungen im Zusammenhang mit der Gewährleistung der ausführenden Firma in Herten II überschnitten. Nach fünf Jahren laufe die Gewährleistungszeit aus, eine Untersuchung des Kanals sei dabei obligatorisch. Wenn Schäden vorgefunden wurden, seien sie entweder mittlerweile behoben oder würden unter die Gewährleistungspflicht der Firma fallen.
Wie Bürgermeister Stefan Weisbrod anmerkte, sollen die anstehenden Arbeiten mit anderen im Straßenbereich koordiniert und mit dem Generalentwässerungsplan abgestimmt werden. Die anstehenden Arbeiten sollen im kommenden Jahr ausgeführt werden. Die Krux, so Weisbrod, sei dabei, dass die Gemeinde viel Geld in die Hand nehme, ihr Kanalnetz in Schuss zu halten, der Bürger nicht sehe, wohin das Geld verschwinde.
Sanierung der Ziegelstraße in Reilingen: Vergabe wurde aufgehoben
Nach dem einstimmigen Beschluss, die dringenden Schäden umgehend zu beseitigen, die entsprechenden Unterlagen erstellen zu lassen, wendet sich der Rat einem anderen Bauprojekt zu, der Sanierung der Ziegelstraße, über die der Rat im Juni beschlossen hat. Die Arbeiten für die Sanierung der Straße wurden vom Rat in zwei Losen vergeben, im einen Los die für die Straßen-, Kanal- und Leerrohrverlegungsarbeiten, im anderen die Leistungen für den Wasserleitungsbau sowie die Wasserhausanschlüsse. Zum Zuge kamen zwei verschiedene Firmen, was bei einer Besprechung aller Projektbeteiligten zu Bedenken führte. Bei zwei verschiedenen ausführenden Firmen könne es zu Verzögerungen und dadurch zu Mehrkosten kommen, wurde festgestellt.
In Absprache mit dem Ingenieurbüro König hat sich die Verwaltung daher entschieden, die eine Vergabe aufzulösen, die zweitplatzierte Firma mit der Ausführung zu beauftragen, sodass nun die gesamte Sanierung der Ziegelstraße von der Firma Carsten Grimmig übernommen wird. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, wurde gleich zu Beginn der Verhandlungen eine außergerichtliche Einigung mit der anderen Firma angestrebt, die letztlich in einem Auslösebetrag von 19 000 Euro mündete.
Diese Vorgehensweise wurde vom Rat nachträglich und einstimmig gebilligt.
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