Katholische Seelsorgeeinheit

„Kirchenentwicklung 2030“: Konzentration auf Standort Altlußheim

Bei einer Informationsveranstaltung zur Kirchenentwicklung 2030 wurden die finanziellen Herausforderungen und der Rückgang der Mitgliederzahlen in den katholischen Gemeinden diskutiert.

Von 
Volker Widdrat
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Die Seelsorgeeinheit setzt auf den Erhalt der katholischen Kirche Sankt Johannes Nepomuk in Altlußheim, während das Gotteshaus in Neulußheim aufgegeben wird. © Dietrich

Hockenheim/Reilingen. Um Zahlen und Daten für das pastorale Zukunftskonzept „Kirchenentwicklung 2030“ ging es bei der Informationsveranstaltung zu den Gebäuden der katholischen Seelsorgeeinheit. Dadurch sollen die Kirchengemeinden besser für den Wandel aufgestellt werden. Pfarrer Christian Müller begrüßte im Wendelinushaus in Reilingen rund 40 Besucher aus den Horan-Gemeinden. Die Einstufung der verschiedenen kirchlichen Gebäude werde zeigen, „was wir künftig an Geld in die Hand nehmen müssen“, sagte der Leiter der Seelsorgeeinheit.

Arno Klinkenberg vom gleichnamigen Architekturbüro aus Darmstadt stellte überblicksmäßig die Erfassung aller Gebäude vor, die im Eigentum der katholischen Kirchengemeinde Hockenheim sind. Die Präsentation beschrieb eine mehrstufige Planungsphase mit Bestandsaufnahme und Nutzungserfassung.

Rückgang der Mitgliederzahlen der römisch-katholischen Kirche und Gebäudezustand

Die Mitgliederzahlen der römisch-katholischen Kirchengemeinde Hockenheim, Lußheim und Reilingen gingen in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurück. Mit den knapp 40 Gästen waren von den 11 335 Katholiken (2022) der drei Pfarreien nicht einmal ein halbes Prozent der katholischen Gläubigen zum Informationsabend gekommen.

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Klinkenberg ging auf die Grundstücke und den Gebäudebestand ein. Hockenheim hat die Pfarrkirche St. Georg mit dem Pfarrhaus, das Gemeindezentrum St. Christophorus und die Kindergärten St. Maria und St. Josef. Reilingen verfügt über die Kirche Sankt Wendelin, das Wendelinushaus und das Pfarrhaus. In der Pfarrgemeinde Lußheim befinden sich die Kirche Sankt Nikolaus in Neulußheim mit Pfarrhaus und der Kindergarten St. Nikolaus sowie die Kirche Sankt Johannes Nepomuk und der Pfarrsaal in Altlußheim.

Kein Verkauf aus Kirchenfonds

Bei den Kindergärten sind die jeweiligen Gemeinden bei der Unterhaltung eingebunden, so der Gutachter. Für Grundstücke, die im Eigentum eines katholischen Kirchenfonds stehen, ist ein Verkauf nach den Regelungen der Stiftungssatzung grundsätzlich nicht möglich. Es handelt sich um Grundstücksvermögen.

Beim Verkauf eines auf einem Grundstück der Pfarrpfründe-Stiftung der Erzdiözese Freiburg stehenden Gebäudes erhält die Kirchengemeinde den Kaufpreis für das Gebäude. Grundstücksverkäufe sind grundsätzlich nur mit Genehmigung des Ordinariats möglich.

Klinkenberg stellte nicht kircheneigene Gebäude vor mit der Empfehlung, einen Blick über den Tellerrand zu wagen, etwa auf Gebäude, die anderen gehörten. Ein Kurzporträt über die Kirchengemeinde Lußheim beschäftigte sich auch mit dem CO2-Ausstoß – ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt.

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Die Kirche Sankt Nikolaus in Neulußheim, die regelmäßig für Gottesdienste genutzt wird, hat CO2-Emissionen von 8,52 Tonnen pro Jahr. Bei dem 1981 außen renovierten Gebäude platzt der Putz weg am Turm sowie im Sockelbereich. Die Fenster sind teilweise defekt, die Regenrinne sowie das Dach sind undicht. Im Innenbereich gibt es Risse im Boden, Wände und Decken sind verschmutzt, im Beichtraum findet sich Schimmel und Feuchtigkeit.

Der Turm hat aktuell keinen Zugang, die Schalldämmung ist defekt. Das seien „schon deutliche Mängel“, so Klinkenberg. Der Strom dafür kostet 692 Euro im Jahr, das Heizöl rund 2700 Euro. Den Gesamtkosten von knapp 75 000 Euro stehen Einnahmen von nur 31 000 Euro gegenüber, erläuterte der Gutachter die Berechnung mit sogenannten „Gebäudepunkten“. Bei einem 30-jährigen Renovierungszyklus ergäbe sich so ein Investitionsbedarf von rund 1,45 Millionen Euro. Beim Pfarrhaus St. Nikolaus wäre eine Vollsanierung notwendig.

Herausforderungen und Zukunft der kirchlichen Immobilien

Dem Schnelldurchlauf für alle Gebäude der Seelsorgeeinheit, bei dem auch die vorhandenen und finanzierten Betriebskosten mit den Schlüsselzuweisungen betrachtet wurden, folgten die Zahlen der Gesamtkosten. Die Pfarrei Lußheim hat einen geschätzten Investitionsbedarf von 1,6 Millionen Euro, die Pfarrei Reilingen liegt bei 262 000 Euro und die Pfarrei Hockenheim bei über 2,5 Millionen Euro. In 30 Jahren drohe ein Gesamtsaldo von rund 22,2 Millionen Euro. „Große Zahlen“, die „noch nicht einmal scharf durchgerechnet“ seien, meinte der Architekt.

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Was ist zu tun, wenn momentan inklusive der Zuweisungen und Kosten des Bestandes nur 29 Prozent von allen Gemeindehausflächen finanziert sind? Welchen Flächenbedarf gibt es überhaupt noch? Diskutiert wurde auch die Gebäudenutzung. Die Studie zeigt den Gebäudebestand in seinem ganzen Umfang, den damit verbundenen Potenzialen und deren Problemen.

Das Gutachten möchte wichtiger Hinweisgeber und Orientierungshilfe für den künftigen Umgang mit den kircheneigenen Gebäuden sein, bilanzierte Klinkenberg: „Sie müssen sich nun finden, wie Sie sich positionieren wollen.“

Realitätsbewusster Umgang mit kirchlichen Standorten

Es sei kein Geheimnis mehr, „dass wir uns auf den Standort Altlußheim konzentrieren werden“, erklärte Pfarrer Müller: „In Neulußheim müssen wir aufgeben. Wir müssen mit der Realität umgehen und können nicht an Dingen festhalten, die mal schön waren.“ Was mit Bestandsgebäuden und Grundstücken passiert, sei noch nicht spruchreif: „Unser Wunsch wäre es, dass sich ein kirchlicher Bauträger findet.“

Der Kindergarten in Neulußheim stehe nicht zur Disposition, nur die Kirche, in der schon keine Gottesdienste mehr gefeiert werden und das Pfarrhaus, das nicht mehr genutzt wird. Der Zeitplan stehe, so Müller: „Wir sprechen von zwei Jahren.“

Die Notwendigkeit eines wirtschaftlich tragbaren Gebäudekonzepts

Ein zukunftsfähiges und wirtschaftlich tragbares Gebäudekonzept sei für die pastorale Konzeption besonders wichtig, führte Stefan Brunner vom Erzbischöflichen Bauamt Heidelberg aus. „Wir machen keinen Aktionismus, sondern planen und wollen die Menschen wieder begeistern, dass die Räumlichkeiten genutzt werden“, empfahl er, „die Sehgewohnheiten zu ändern“. Das neue Konzept diene der Sensibilisierung, sei aber auch ein „unglaublicher Kraftakt“, bat er die Versammlung, bei der Umgestaltung mitzumachen: „Wir müssen gegensteuern.“

Im Gebäudemanagement gibt es viele Möglichkeiten, Geld zu sparen. Von Gebäuden Abschied zu nehmen, fällt vielen Gläubigen nicht leicht. Man merkte an diesem Abend den Menschen die Betroffenheit an. Gemeinderäte aus Neulußheim und Altlußheim waren anwesend. Reilingens Bürgermeister Stefan Weisbrod hatte gegen die bitteren Nachrichten süße Schokolade mitgebracht.

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Eine Kirchengemeinde sollte auch Grundlage für eine Dorfgesellschaft sein und deshalb mit ihren historischen Denkmälern präsent bleiben, bat der Rathauschef, dass die politische Gemeinde in den Entscheidungsprozess mit eingebunden wird. Vor allem Kulturdenkmäler sollten nicht nach dem CO2-Ausstoß bemessen werden, so Weisbrod weiter: „Das kann es nicht sein, da sollten wir gemeinsam dagegen aufstehen.“ Gutachter Klinkenberg plädierte abschließend dafür, die konzeptionelle Arbeit auf viele Schultern zu verteilen: „Versuchen Sie so, die Sache kreativ anzugehen.“

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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