Neulußheim. Wie gesagt, nachdem Sven Nitsche als erster Sprecher der Fraktionen für die FWV das Wort ergriffen hatte, war der Druck schnell aus der Diskussion, denn er sah die Zeit für die Entscheidung über einen Solarpark noch nicht reif. Zu viele Fragen seien noch offen, Alternativen noch nicht geprüft.
Auf keinen Fall, so Nitsche, gehe es um Landwirtschaft oder Strom, gebe es kein schwarz-weiß in dieser Frage. Wichtig sei für die FWV einen Beitrag zur Energiewende zu leisten und die Option für ein Gewerbegebiet offen zu halten. Andere Kommunen hätten auch Begehrlichkeiten, warnte Nitsche davor, das Gebiet im Flächennutzungsplan gestrichen zu bekommen. Weshalb den Behörden mit der Umlegung des Geländes ein Zeichen gegeben werden müsse – „was nicht heißt, gleich zubauen zu wollen“.
Nitsche geht es auch darum, die lokale Versorgungssicherheit für die Gemeinde sicherzustellen, Grundlagen zu schaffen, damit sie mit Strom und Wärme gut aufgestellt ist. Er verwies dabei auch auf die kommunale Wärmeplanung, die bis 1928 zu erstellen ist. Wichtig ist für ihn eine sachliche Erarbeitung dessen, was wann und wo benötigt wird und wie der jeweilige Bedarf auskömmlich gedeckt werden kann.
Aus diesem Grund sei der Gedanke für ein „grünes Gewerbegebiet“ entstanden, um Firmen und Know-how in die Gemeinde zu locken. Denn noch seien viele Fragen offen, weshalb seine Fragen der Beschlussvorlage nicht zustimmen können, ohne dass fundierte Daten vorliegen. Nitsche stellte den Antrag, den Solarpark von der Entscheidung auszunehmen, das Gewerbegebiet auf den Weg zu bringen.
Solarpark im Neulußheimer Gemeinderat: „Völlige Fehlplanung“
Ingeborg Bamberg (WfN) sah hinter den ganzen Plänen für einen Solarpark die Fehler im „Erneuerbaren Energiegesetz (EEG). Denn in diesem würde Investoren für 20 Jahren eine feste Vergütung ihrer des Stroms ihrer Photovoltaikanlagen zugesichert. Zur Zeit seien dies, so Bamberg, sieben Cent pro Kilowattstunde.
Ob Strom erzeugt wird oder nicht. Immer mehr Private und Unternehmen hätten Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern, könnten sich im Sommer selbst mit Strom versorgen, weshalb in dieser Zeit die Netze überlaufen würden, Anlagen abgeschaltet würden. Doch auch für die „stillgelegten Anlagen“ erhielten die Investoren ihre sieben Cent pro Kilowattstunde, sah Bamberg einen Fehler im System: „Eine völlige Fehlplanung.“
Weshalb Bamberg froh war, dass der Solarpark wohl nicht mehr spruchreif sei. Dem noch im Raum stehenden Gewerbegebiet wollte sie nicht zustimmen, es ging zulasten eines bestehenden Betriebs, des Biolandhofs Merz. „Auf wertvollen Ackerflächen wird auch eine Wirtschaftsleistung erbracht“, stellte sie fest und betonte abschießend: „Wir sind nicht dem Wohl der Investoren verpflichtet, sondern dem Wohl der Gemeinde.“
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Monika Schroth (Grüne) sprach von einem bewegenden Thema mit weitreichenden Folgen und wollte die Beschlussvorlage in einem wichtigen Punkt geändert sehen: Solarpark und Gewerbegebiet stünden in keinem Zusammenhang, müssten getrennt entschieden werden. Ein Ansinnen, dem der Rat geschlossen folgte, als er über bei Vorhaben getrennt abstimmte.
Neulußheimer Gemeinderat berät: Zwei getrennte Vorhaben
Gegen die geplante Freiflächenphotovoltaikanlage äußerte Schroth grundsätzliche Bedenken, da sie auf einem fruchtbaren Ackergelände, bewirtschaftet von einem Biobauern, errichtet werden soll. „Regional erzeugte Lebensmittel in Bioqualität sind ein Wert für sich“, betonte die Grüne und verwies auf alternative Flächen, Dächer und Parkplätze, die mit Ladestationen verknüpft werden könnten.
Obendrein zweifelte Schroth die Wirtschaftlichkeit einer Freiflächenphotovoltaikanlage an, die Einnahmen seien gering gegenüber den Nachteilen, weshalb die Grünen dem Projekt nicht zustimmen könnten. Auch dem Gewerbegebiet wollte Schroth nicht zustimmen, es sei sinnvoller, auf dem Gelände weiterhin Biogemüse anzubauen, als Gewerbe anzusiedeln.
Solarpark im Neulußheimer Gemeinderat: Klimakorridor erhalten
Hanspeter Rausch (SPD) hatte noch einige grundsätzliche Anmerkungen. So sah er die Gemeinde mit einer Quote von 20 Prozent bei Photovoltaikanlagen auf Dächern mit an der Spitze – „dies entspricht einem Solarpark von 2,5 Hektar Fläche“. Da die kommunalen Gebäude hierbei verschwindend gering vertreten seien, ließ sich die Quote ruckzuck verdoppeln, „das Potenzial ist da“. Rausch erinnerte daran, dass das Thema Klimaschutz im Rat bisher stiefmütterlich behandelt worden sei, viele Initiativen abgelehnt wurden. Weshalb er froh um die Debatte über den Solarpark sei, sie zeige deutlich, worum es gehe.
Als Biologe fügte Rausch hinzu, dass der Boden durch eine Freiflächenphotovoltaikanlage zerstört, die Biodiversität mit Füßen getreten würde. „Wir können froh sein, wenn die Äcker weiter biologische bewirtschaftet werden“, betonte er und verwies darauf, dass in einer Handvoll solcher Erde mehr Leben enthalten sei als Menschen auf der Erde lebten. „Nur gesunder Boden garantiert Lebensmittel“, stellte er fest.
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Dem Gewerbegebiet wollte er gleichfalls nicht zustimmen, der notwendige Freiluftkorridor für den Ortsetter würde zerstört: „Wir brauchen nicht nur Bäume im Ort, sondern auch Flächen außerhalb“, umriss er die Bedeutung des Gebiets fürs Kleinklima.
Andreas Sturm (CDU) sah die sich abzeichnende Abstimmung als Mittelweg. Er hatte bei dem Thema, welche Energie künftig die Gemeinde versorgen soll, gleichfalls noch viele Fragen und war mit der Verschiebung einverstanden. Gleichzeitig sprach er sich dafür aus, das Gewerbegebiet auf den Weg zu bringen.
Nach einer Sitzungsunterbrechung, die von den Fraktionen für Beratungen genutzt wurden, standen die finalen Abstimmungen an. Einstimmig wurde dabei die Errichtung eines Solarparks zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt und mehrheitlich wurde beschlossen, die Diskussion über die Notwendigkeit einer solchen Anlage weiterzuführen.
Mehrheitlich wurde ferner beschlossen, die Verwaltung mit den vorbereitenden Arbeiten für die Erschließung eines Gewerbegebiets zu beauftragen.
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