Sommerinterviews (Teil 1)

Oftersheimer Grüne wollen die Wärmewende vorantreiben

In unserer Sommerinterview-Reihe äußern sich die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen vor der Kommunalwahl 2024 zu aktuellen Themen. Den Anfang machen die Grünen um Fraktionsvorsitzenden Patrick Schönenberg.

Von 
Lukas Heylmann
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Ein Blick auf die „Friedenshöhe“ im Naturschutzgebiet der Oftersheimer Dünen. Für die Gemeinderatsfraktion der Grünen hat die Verwaltung in diesem Areal in den vergangenen Jahren nicht genug für die Anpassung an Folgen des Klimawandels getan. © Widdrat

Oftersheim. Wie bewerten Sie als Fraktion die Zusammenarbeit mit der Verwaltung seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Seidel?

Grüne: Unsere Fraktion hat sich im Bürgermeisterwahlkampf als erste Fraktion klar zu Pascal Seidel bekannt. In vielen Gesprächen im Wahlkampf kommunizierten wir unsere Wünsche und Anregungen und auch Pascal Seidel präsentierte uns seine Vorstellungen und Ideen. Jetzt, rund acht Monate nach dem Amtsantritt, ist die Zusammenarbeit ausgesprochen konstruktiv und auf Augenhöhe mit allen Fraktionen. Der gesamte Gemeinderat wird bei Themen rechtzeitig informiert und mitgenommen. Die Diskussionskultur hat sich im Rat zwischen Verwaltung, Bürgermeister und dem Gemeinderat deutlich verbessert. Liegengebliebene Anträge der Fraktionen wurden inzwischen teilweise abgearbeitet und auch viele neue Projekte angestoßen. Die Zusammenarbeit mit der Gesamtverwaltung hat sich deutlich gebessert und die Aussagen der Verwaltung sind verbindlicher geworden.

Im Sommer 2022 unterzeichneten alle Gemeinderatsfraktionen einen offenen Brief, der die Zusammenarbeit mit der Gemeinde in den Jahren zuvor kritisierte. Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen mit einem Jahr Abstand?

Grüne: Auch wenn es für einigen Unmut gesorgt hat, war das Vorgehen auch im Nachhinein betrachtet genau richtig gewesen. Schon damals war es für Personen, die Gemeinderatssitzungen besucht haben, die regelmäßig Stellungnahmen der Fraktionen im Ortsblättchen gelesen haben und im Austausch mit der Verwaltung standen, keine Überraschung, sondern eher ein überfälliger Schritt. Die gemeinsame Stellungnahme war auch kein Schnellschuss, sondern eine abgestimmte und sorgfältig ausgewogene Stellungnahme, mit klaren Wünschen für die kommenden Jahre. Daran muss sich auch der bestehende Bürgermeister messen lassen. So wie es in den vergangenen acht Jahren gelaufen ist, durfte es nicht weitergehen. Eine Gemeinde lebt von einem Miteinander und einer Verlässlichkeit der Gemeindeverwaltung. Dieser Zustand musste zum Wohle der Oftersheimer und Oftersheimerinnen verbessert werden.

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2024 stehen Kommunalwahlen an. Welche Themen sieht Ihre Fraktion als zentral für den Wahlkampf an? Sehen Sie Probleme bei der Listenaufstellung?

Grüne: Die großen Themen der kommenden Kommunalwahlen liegen auf der Hand: Wohnen, Verkehr, Natur und Klimafolgenanpassung. Wir müssen dafür sorgen, dass wir gut auf die immer häufiger auftretenden extremen Wetterereignisse wie Starkregen oder extreme Hitze vorbereitet sind. Dazu hatten wir in der Vergangenheit bereits Anträge gestellt und sehen unseren Einsatz für Klimafolgenanpassung als wichtigen Baustein für ein gutes Leben in Oftersheim an. Zugleich fehlt es – wie in vielen anderen Kommunen auch – an Wohnraum. Insbesondere muss dieser bezahlbar sein. Und auch an altersgerechten und barrierefreien Wohnungen fehlt es. Die Oftersheimer Natur – insbesondere der Wald – ist stark vom Klimawandel betroffen. Hier müssen gemeinsam mit den Forstbehörden weiterhin Maßnahmen zum Umbau hin zu einem klimaresilienten Wald getroffen werden. Im Naturschutzgebiet Oftersheimer Dünen ist in den letzten Jahren von Seiten der Verwaltung viel zu wenig passiert. Wir wollen, dass hier deutlich Fahrt aufgenommen wird. Der Verkehr ist ein weiteres großes Thema in Oftersheim. Hier müssen wir gemeinsam einen guten Weg finden, um den motorisierten Verkehr, den Radverkehr und den Fußverkehr zusammenzubringen. Gut, dass mittlerweile ein Verkehrskonzept beauftragt wurde. Dieses Konzept kann allerdings nur ein erster Schritt sein. Als gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinnen und Bürger in der Kommunalpolitik müssen wir die Belange und Gegebenheiten der eigenen Kommune im Blick haben. Dabei spielen landes- oder bundespolitische Themen nur eine untergeordnete Rolle. Probleme bei der Listenaufstellung haben wir nicht.

Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen, die auf Oftersheim in den nächsten fünf Jahren zukommen?

Grüne: Die größten Herausforderungen werden die Bewältigung der genannten, aktuellen Themen sein. Die Klimakrise setzt vor allem unseren geliebten Wald zu. Wir stehen möglicherweise vor noch heißeren Sommern und Wintern mit sehr unterschiedlichen Temperaturen. Hier müssen wie gesagt sinnvolle Maßnahmen zur Klimaanpassung getroffen werden. Neben diesen Klimaanpassungsmaßnahmen, müssen wir erreichen, dass wir unseren Beitrag zur Verringerung des CO2-Ausstoßes leisten. Die Aufnahme und Integration von geflüchteten Personen wird uns ebenfalls weiter beschäftigen, ebenso der Wohnungsmarkt mit zu wenig Wohnungen. Auch hier müssen wir als Kommune geeignete Lösungen finden.

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Was bewerten Sie als die größte Leistung von Gemeinderat und Verwaltung im vergangenen Jahr?

Grüne: Da wir im vergangenen Jahr einen neuen Bürgermeister bekamen, war es auch ein Jahr des Wechsels. Und wegen vieler Unsicherheiten und Herausforderungen musste die Gemeinde leider ebenso auf Sicht fahren und konnte keine großen Sprünge wagen. Dennoch konnte die Gemeinde ein positives Ergebnis erwirtschaften und so auf Erhöhungen von Steuern und Abgaben größtenteils verzichten. Auch die Zuschüsse für Vereine mussten nicht gekürzt werden.

Im Frühjahr hat der Gemeinderat der Förderung privater Klimaschutzmaßnahmen durch die Gemeinde zugestimmt. Was sollte Oftersheim in Sachen Klimaschutz in den kommenden Jahren außerdem angehen?

Grüne: Die Wärmewende muss vorangetrieben werden. Das Fernwärmenetz muss ausgebaut werden und die Gemeinde muss in Sachen Stromerzeugung vorangehen. Das Bürgerforum im Frühjahr zu dem Thema war ein voller Erfolg und diese Art muss fortgeführt werden. Denn Klimaschutz geht nur gemeinsam. Das kommunale Förderprogramm für private Klimaschutzmaßnahmen ist ein Baustein in Richtung klimaneutraler Kommune, aber es müssen noch viele Bausteine mehr folgen. In den kommenden Monaten und Jahren werden die alten Straßenlaternen durch moderne, energiesparende LED-Leuchten ersetzt. Das spart Strom und dadurch auch Kosten. Aber auch bei den kommunalen Gebäuden können und müssen wir durch verschiedene Maßnahmen weiter Energie und Wärme einsparen. Wir wollen diesen Prozess konstruktiv anregen und begleiten.

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Bezahlbarer Wohnraum ist ein zunehmend schwieriges Thema in allen Kommunen der Region. Wie bewerten Sie den aktuellen Stand dahingehend in Oftersheim?

Grüne: Grundsätzlich sind wir in Oftersheim mit den vielen Gemeindewohnungen sehr gut aufgestellt. Allerdings fehlt es hier an größeren Wohnungen mit vier Zimmern. Auch altersgerechter und barrierefreier Wohnraum ist knapp. Trotz des sehr guten Angebots würden wir nicht die Augen verschließen, dass es weiterhin zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt. Der Zuzug von geflüchteten Personen verschärft die Situation zusätzlich. Es fehlt hier an sinnvollen Wohnungsbauprogrammen von Bund und Land. Eine Kommune kann mit ihren begrenzten Finanzmitteln auf Dauer hier nur wenig ausrichten. Daher müssen private Investoren in die Lage versetzt werden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen. Die Deckelungen des bestehenden Wohnraums mit einer Mietpreisbremse oder ähnlichen Instrumenten mag an der einen oder anderen Stelle punktuell helfen, ebenso ein Zweckentfremdungsverbot. Aber im Großen und Ganzen brauchen wir mehr Wohnungen und schlagkräftige Förderungen, damit sich sozialer Wohnbau lohnt. Leider gibt es in Oftersheim auch leerstehenden Wohnraum, der bisher nicht vermietet wird. Darum schlugen wir Grüne bereits eine Tauschbörse oder kommunale Unterstützung beim Vermieten leerstehender Häuser oder Wohnungen vor, wie es dies bereits erfolgreich in anderen Städten und Gemeinden gibt. Leider fand diese Idee im Gemeinderat keine Mehrheit.

Parken ist in der Gemeinde ein wiederkehrendes Streitthema zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmern. Was müssen Verwaltung und Gemeinderat Ihrer Auffassung nach tun, um auf eine Lösung hinzuarbeiten?

Grüne: Jammern bringt auf jeden Fall nichts. Wir brauchen geeignete Lösungsvorschläge und freuen uns deswegen auch darüber, dass die Gemeinde endlich ein Verkehrskonzept beauftragt hat. Das Problem zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern kann nur gelöst werden, wenn alle Beteiligten am Straßenverkehr mehr Rücksicht aufeinander nehmen und ihre eigene Komfortzone verlassen. Wir brauchen hier mehr Gemeinschaft und weniger Egoismus. Solange jeder genau vor seinem Haus parken will, diesen Anspruch auch an seinen Zweitwagen oder an sein Wohnmobil hat, wird es schwer, eine Lösung zu finden. Der öffentliche Straßenraum ist knapp. Dieser lässt sich nicht vergrößern und für Fußgänger oder Radfahrer verbreitern, ohne dass andere Verkehrsteilnehmer (zum Beispiel Pkw) weniger Fläche haben. Hier sind Zielkonflikte vorprogrammiert. Wir erhoffen uns erste Anregungen vom Verkehrskonzept und dann eine kontinuierliche Arbeit an diesem wichtigen Thema unter Einbezug der Bürgerinnen und Bürger – vor allem auch derjenigen, die bisher weniger laut gewesen sind: ältere und mobilitätseingeschränkte Personen zum Beispiel.

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In mehreren der jüngsten Gemeinderatssitzungen stand die Kinderbetreuung auf der Tagesordnung. Wie sieht Ihre Fraktion Oftersheim in dieser Hinsicht aufgestellt?

Grüne: In der Kinderbetreuung sind wir sehr gut aufgestellt. Das hat die jüngste Gemeinderatssitzung gezeigt. Durch ein großes und vielfältiges Angebot können wir eine sehr gute Kinderbetreuung bieten. Zukünftig gilt es aber, die Betreuungsangebote an den Bedarf anzupassen. Die Anforderungen an die Kinderbetreuung haben sich in den vergangenen Jahren enorm gewandelt. Auch hier sind wir auf einem guten Weg und haben unsere Betreuungsmöglichkeiten an die unterschiedlichen Lebensentwürfe von Familien angepasst. Auch Personalprobleme haben wir momentan keine. Im Vergleich zu anderen Gemeinden schauen wir bei diesem Thema sehr zuversichtlich in die Zukunft.

Im Zwischenbericht zum aktuellen Haushaltsjahr äußerten die Verwaltung und auch mehrere Gemeinderäte Sorge wegen voraussichtlich sinkender Gewerbesteuereinnahmen. Muss Oftersheim ein attraktiverer Standort für Gewerbe werden? Und wenn ja – wie?

Grüne: In den letzten Jahren hat sich Oftersheim zu einem sehr guten Gewerbestandort entwickelt. Das zeigt die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen der letzten Jahre. Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass Oftersheim im Vergleich zu anderen Kommunen sehr geringe Gewerbesteuereinnahmen hat. Im Flächennutzungsplan haben wir nur wenig Flächen für neue Gewerbeentwicklungen. Hier reden wir aber nur von sehr wenigen Flächen mit nur sehr wenig Potential. Diese Flächen sehen wir eher als Erweiterungsflächen für bestehende Gewerbetreibende in Oftersheim. Die Ausweisung weiterer Flächen gilt es kritisch zu hinterfragen, da der Flächenverbrauch in der Metropolregion zu hoch ist und es immer mehr zu Interessenkonflikten zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Naherholung und Wohnungsbau kommt. Jegliche weitere Erweiterung der Flächen geht entweder auf Kosten der Landwirtschaft oder auf Kosten des Naturschutzes. Oder auf Kosten von beidem. Hier müssen wir realistisch bleiben und akzeptieren das Oftersheim ein Ort des Wohnens ist und kein Ort der Gewerbeentwicklung.

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